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Chatzestrecker

  • Beitritt 5. Nov 2020
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  • Wie meine Büchersammlung es besagt, ich lese kreuz und quer. Einzig langweilig oder schlecht geschrieben darf ein Buch nicht sein.

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    Chatzestrecker Eine Bekannte von mir hat ein Hobby draus gemacht. Sie meldet den Verlagen alle Fehler, die sie in Büchern findet. Ich finde das toll und würde das auch gerne machen, bin aber nicht so diszipliniert wie die Bekannte.

    • …von Molière, das Tom Roth als Einstieg gewählt hat: Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.

      Wie wahr und wie passend. Ein wundervoller Einstieg in die Klimathematik des Thrillers. Es verspricht viel und lässt genau so viel offen. Wer wird für den beschleunigten Klimawandel zur Verantwortung gezogen? Inwiefern haben wir uns als vermeintliches “ich allein kann ja nichts tun”-Opfer vor unserer Verantwortung gedrückt? Heiligt der Zweck alle Mittel? Tom Roth versucht ein vereinfachtes und trotzdem funktionierendes Gesamtbild zu zeichnen. Darauf zu erkennen sind unter anderem Klimaaktivisten, Friday-Kids, Politiker, der Klimagipfel, CO2-Zertifikate, Greenwashing und ein Ausblick ins Jahr 2040. Auch Geld und Macht dürfen in dieser illustren Runde natürlich nicht fehlen. Für den Nervenkitzel soll der Wettlauf gegen die Zeit sorgen. Denn von den zwölf Kindern aus zwölf Nationen soll jede Woche eines vor laufendem Webstream mit CO2 vergast werden.

      Soweit so gut - und vielversprechend. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Mit dem Zitat hatte ich den Höhepunkt des Buches auch bereits erreicht. Was folgte waren 517 mühselige Seiten und das Bangen und Hoffen auf den erwarteten Nervenkitzel, auf mit mehr Tiefgang präsentierte Hauptfiguren und auf einen fesselnden Spannungsbogen. Es blieb leider beim Bangen und Hoffen. Die bisweilen gar langweiligen Handlungsstränge und das unbedachte Streuen von Informationen, die die Story noch vorhersehbarer machen, haben mein Harren nicht belohnt. Ausser ich würde das völlig unglaubwürdige und furchtbar gekünstelte Ende als Belohnung erachten, da ich nicht mehr weiter lesen musste.

      Ich habe meine Verantwortung wahrgenommen, das Buch im Rahmen der Leserunde fertig zu lesen und hier nach bestem Wissen und Gewissen zu rezensieren. Ganz im Sinne von Molière.

    • Wie weit darf Klimaschutz gehen ? lautet gross die Frage auf dem Rückdeckel des Buches. Die Ausgangslage: Zwölf Jugendliche aus zwölf Ländern werden wegen ihres Engagements für den Klimaschutz zu einem Klima-Camp nach Australien eingeladen und dann entführt. Als Lösegeld fordern die Entführer verschiedene Massnahmen, welche die betroffenen Heimatländer zur Verbesserung des Klimaschutzes innert kürzester Zeit ergreifen sollen. Sonst soll ein Jugendlicher nach dem anderen vergast werden, live per Internet übertragen.
      Das Buch ist in diverse Handlungsstränge an verschiedenen Orten der Welt und viele Kapitel unterteilt. Die Spannung baut sich erst nach den ersten 100 Seiten allmählich auf. Dabei verlagert sich das Handlungsgeschehen auf andere Verbrecher und Tatorte. Der genaue Zusammenhang zu der Entführung bleibt lange unklar. Das drohende Schicksal der Jugendlichen dient weitgehend als Kulisse für eine weltweite Verfolgungsjagd diverser Verbrecher. Bis zum Schluss zieht sich die Spannung hin, ob es die Politik, die internationalen Polizei-, Militär- und Geheimdienste oder die privaten Verbrecherjäger schaffen, die Jugendlichen rechtzeitig zu finden, um möglichst viele noch zu retten. Da sowohl die politischen als auch die polizeilichen/ militärischen Personen sehr klischeehaft und überwiegend dümmlich dargestellt werden, wundert man sich über manche Wendung und Überraschung.
      Der wesentliche Handlungsstrang im Jahr 2020 wird in einen Handlungsrahmen im Jahr 2040 eingebettet. Das nimmt leider einen Teil der potenziellen Spannung. Mit dem letzten Abschnitt im Jahr 2040 fällt zudem die ganze Geschichte für mich zusammen wie ein Soufflé im Luftzug.
      Die interessante Frage des Rückdeckels, welche Mittel ergriffen werden dürfen, um beim Klimaschutz Fortschritte zu machen, wird zwar punktuell in manchen Szenen aufgegriffen, aber nicht weiter vertieft. Sie bleibt der Leserin, dem Leser überlassen, wenn sie/er nach der letzten überraschenden Wendung das Buch zuschlägt. Sie/ er hat vielleicht Anregung gefunden, sich näher über den Klimaschutz zu informieren, oder resigniert, weil auch dort Egoismus und Gesetzlosigkeit das Sagen haben. Ausnahmslos.

    • Chatzestrecker Da gibt es nur eines: retour an den Verleger wegen Täuschung: man habe unbedingt einen Roman mit einem geheimen Lagerhaus lesen wollen…
      Und dem Verleger raten, dass er vielleicht KI (“künstliche Intelligenz”-Programme) verwenden sollte. Die schreiben vermutlich keine tollen Romane, könnten aber beim Korrekturlesen und dem Umschlagtext hilfreich sein.

    • Ich habe einmal zwei aufeinanderfolgende Bücher gelesen, in denen ein Pferd, nachdem ich nachgerechnet habe, über 40 Jahre alt gewesen wäre und trotzdem noch fit wie ein Turnschuh war.

    • Chatzestrecker Ich hatte vor einigen Jahren ein Kindle (ja, ich weiss) und da hatte es die Funktion, dass man Fehler direkt beim Lesen im Ebook meldet. Es war sowas von cool!

      Wenn ich die Nerven dafür habe, schreibe ich manchmal dem Verleger und mache einen Hinweis auf ein Verschreiber zu melden.

      Vor einem oder zwei Jahren habe ich so dem Kampa Verlag gemeldet, dass es einen gröberen Sprachfehler in einem Dialog auf Original-französisch (Roman war sonst auf deutsch) gab. Für Leute, die französisch verstehen, war es echt zum todlachen, weil es keinen Sinn ergeben hat. Ich habe vom Verleger nie eine Rückmeldung bekommen.

      Auch vor kurzem in einem Roman der Sieben Schwester Reihe, habe ich mich tierisch genervt, wie grosszügig die Autorin das Wort “chéri” gebraucht hat. Man dekliniert es auf Gender, für Frauen ist es “chérie”. Aber da war es einheitlich “chéri” ohne -e. Schlichtweg falsch. Ich hätte es melden sollen, dann hatte ich die Motivation dazu nicht.

      Ich weiss aber noch, als der Roman von Joël Dicker Stephenie Meyer auf französisch erschienen ist, gab es einen gröberen Fehler in der ersten Auflage. Als die Auflösung der Intrige kommt, wurde der falsche Täter genannt. Es hat wirklich keinen Sinn ergeben, die meisten Leute waren einfach sehr verwirrt. Ein Journalist hat es dann in der Presse gesagt, der Verleger und der Autor haben es dann in den folgenden Auflagen korrigiert, aber kein Wort drüber geredet.

      • Anfangs hatte ich Mühe mit dem Buch, kam nicht wirklich rein: mir fehlte irgendwie der rote Faden - der Autor sprang mir zu sehr hin und her in der Geschichte. Mit der Zeit wurde es besser und ich konnte zügig weiterlesen.
        Das Thema ist schwere Kost: Der Bosnienkrieg in den 90er Jahren und die Flucht nach Deutschland 1992, erzählt aus der Sicht vom Autoren selbst. Vieles liest man aber eher zwischen den Zeilen oder wird nur angedeutet, man erahnt die Gräuel des Krieges nur am Rande. Vielmehr ist es eine Aufarbeitung seiner Identität und, wie der Titel schon sagt, die Definition von Herkunft.
        Saša Stanišić geht auf der Suche nach seinen Vorfahren immer wieder zurück zu seiner allmählich dementen Grossmutter Kristina nach Višegrad und ins kleine Bergdorf Oskoruša, wo sein Grossvater und seine Ahnen herkamen.
        Am Schluss wird das Buch zum interaktiven Abenteuerroman, wo der Leser selber entscheidet, auf welcher Seite er weiterlesen will.
        Von mir aus hätte ich dieses Buch wohl gar nie gelesen, nur dank meines Lesezirkels bin ich darauf gekommen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, habe ich dieses Buch gelesen, es ist gut, immer mal wieder seinen Lesehorizont zu erweitern!