Ich hatte Urlaub und wollte die Zeit ganz bewusst nutzen, um endlich einen dieser Bücherbrocken zu lesen, für die man Ruhe, Konzentration und Lust auf Tiefe braucht. Nach der Fantastica in St. Gallen war ich ohnehin komplett im Dark-Fantasy-Modus und ‘Feuer und Finsternis’ war dafür genau das richtige Buch. Rückblickend kann ich nur sagen: Das war ein Volltreffer. Ein echtes 5-Sterne-Highlight.

In Feuer und Finsternis entführt Angelo Nero seine Leser:innen in eine düstere, von Legenden und Glaubenskonflikten geprägte Welt, in der Gut und Böse längst nicht mehr klar voneinander zu trennen sind. Im Zentrum stehen Sariel il Nero und Vlad III. Dracul. Zwei Ordensbrüder, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch durch ihr Schicksal untrennbar miteinander verbunden sind. Während Sariel versucht, seinen moralischen Kompass trotz aller Grausamkeit zu bewahren, geht Vlad Wege, die gefährlich nah an die Finsternis führen. Und genau diese Gegensätze machen die Geschichte so unglaublich spannend.

Was mich besonders begeistert hat, ist die Tiefe, mit der Angelo Nero seine Welt und Figuren ausarbeitet. Die Geschichte fühlt sich nicht wie klassische Fantasy an, sondern eher wie eine düstere Legende oder Chronik, in der historische Anleihen, Mythen und religiöse Motive kunstvoll miteinander verwoben werden. Man spürt auf jeder Seite, wie viel Recherche, Liebe zum Detail und erzählerisches Können hier eingeflossen sind. Nichts wirkt zufällig oder oberflächlich, alles hat Gewicht.

Die Charakterentwicklung von Sariel und Vlad ist dabei eines der größten Highlights. Beide Figuren wachsen, scheitern, zweifeln und verändern sich auf eine Weise, die glaubwürdig und emotional greifbar bleibt. Besonders Vlad ist eine Figur, die polarisiert und fasziniert zugleich. Kein klassischer Held, sondern ein Charakter mit Ecken, Abgründen und inneren Kämpfen, die ihn unglaublich menschlich machen.

Der Schreibstil ist atmosphärisch dicht, teilweise sehr bildgewaltig und dennoch angenehm flüssig zu lesen. Trotz der Komplexität der Welt hatte ich nie das Gefühl, mich durch das Buch kämpfen zu müssen. Im Gegenteil: Ich bin regelrecht durch die Seiten geflogen, weil ich immer wissen wollte, wie es weitergeht. Die düstere Grundstimmung, die Gewalt, die moralischen Fragen und die epische Erzählweise greifen perfekt ineinander.

Auch die Gestaltung des Buches verdient eine klare Erwähnung. Die Illustrationen, Karten und das gesamte Layout unterstreichen den epischen Charakter der Geschichte und machen ‘Feuer und Finsternis’ zu einem echten Schmuckstück im Regal. Man merkt einfach, dass hier nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern ein Gesamtkunstwerk geschaffen werden sollte.

Wenn man überhaupt etwas kritisch anmerken möchte, dann höchstens, dass dieses Buch kein schneller Snack für zwischendurch ist. Mit seinem Umfang, der Fülle an Figuren und den tiefgehenden Themen fordert es Aufmerksamkeit und Konzentration. Leser:innen, die leichte Fantasy oder kurze Kapitel bevorzugen, könnten sich an manchen Stellen etwas überfordert fühlen. Für mich persönlich war das aber kein Nachteil, im Gegenteil: Genau diese Tiefe habe ich gesucht.

‘Feuer und Finsternis’ ist für mich ein herausragendes Dark-Fantasy-Werk, das mit komplexen Figuren, einer dichten Atmosphäre und einer beeindruckenden mythologischen Tiefe überzeugt. Ein Buch, das man nicht einfach nur liest, sondern erlebt und das noch lange nach dem letzten Kapitel nachhallt