Josia
Ich kenne das Buch Schuld und Sühne nicht, darum kann ich mich dazu nicht äussern, aber was mir eingefallen ist, als ich diese deinen Kommentar gelesen habe, ist das Phänomen um das Buch “You - du wirst mich lieben”. Auch dieses Buch habe ich nicht gelesen (😂), aber die Serie dazu gesehen, und das Thema ist ja ein Mann, der sobald verliebt besessen von Frauen ist und diese sowie andere Personen aus ihrem Umfeld kontrolliert, stalkt und auch tötet. Worauf ich hinaus will; Die Geschichte wird aus seiner Sicht erzählt, weshalb die Grenzen zwischen Gut und Böse zu verschwimmen scheinen und manche Lesenden/Zuschauenden seine Taten (welche diskussionslos Straftaten darstellen) dadurch legitimieren, dass er alles - aus seiner Sicht - aus Liebe getan hat.
Ich sehe also durchaus auch eine potenzielle - for lack of a better term - Gefahr darin, wenn man sich mit jeder Hauptperson identifiziert (wobei ich zugebe, dass dieser spezifische Fall eine junge Zielgruppe betrifft und diese Gefahr bei den meisten Lesenden nicht so gross ist wie bei Teenagern).
Du hast ja geschrieben, dass man sich auch in deinem Buch in einen Mörder hineinversetzen muss, und dies finde ich durchaus spannend. Ich finde, es kann sehr lehrreich sein, andere Perspektiven einzunehmen und Dinge aus der Sicht anderer versuchen zu verstehen. (Gerade bei Straftaten, die in der Gesellschaft sehr oft pauschalisiert und - wenn psychische Erkrankungen involviert - stigmatisiert werden, ohne die Einzelfälle genauer anzuschauen.) Ausserdem kann es auch dabei helfen, Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Lebensentwürfen beizubehalten/zu schaffen.
Was ich kritisch - wohl kritischer als die meisten Lesenden - betrachte, ist das Genre Dark Romance (und auch alle anderen Bücher, die Gewalt/gewaltbereite Charaktere romantisieren oder bagatellisieren). Ich finde, je jünger die Zielgruppe, desto sensibilisierter sollte man darauf sein, inwiefern eine heroisierte Hauptperson, resp. wenn es ein ganzes Genre ist ganz viele verschiedene Hauptpersonen, falsche und in diesem Zusammenhang auch durchaus gefährliche Erwartungen und Vorstellungen bei Teilen von dieser Zielgruppe auslösen kann. Das ist aber wahrscheinlich etwas anderes als das, was @Alexilexi mit ihrer Frage gemeint hat, weil dort Charaktere und Handlungen legitimiert, und eben gerade nicht unsympathisch geschrieben werden.