Hallo zusammen
Eigentlich habe ich das Buch gerne gelesen. Und doch bin ich jetzt am Schluss etwas unzufrieden. Der irische Teil war beeindruckend, gut geschrieben, ein Fenster in ein dunkles Kapitel der Geschichte. Honora war schwierig zu (be-)greifen, aber ich habe dies den Umständen zugeschrieben.
Die Szene mit Alice fand ich etwas überladen und wirr. Die Prophezeiung ist zwar immer wieder aufgetaucht, aber war auch irgendwie überflüssig. Als Lesende hat man immer gut mitgekriegt, wenn in Honoras Leben wieder ein Wendepunkt anstand, und es war jeweils klar, dass es zwar gut gehen könnte, aber wahrscheinlich doch eher wieder neue Schwierigkeiten auftauchen würden. Alice hat Ungemach vorausgesagt, aber ehrlicherweise war das Ungemach schon immer in Honora’s Leben und zu diesem Zeitpunkt gab es kein Grund davon auszugehen, dass das Ungemach rasch aus Honora’s Leben verschwinden würde. Vielleicht hätte man fast ganz auf diese Szene verzichten können?
Die Beschreibung der Überfahrt hat sich etwa so lange angefühlt, wie sie wohl tatsächlich auch war. Ich fand diesen Teil langweilig und wenig aufschlussreich.
Sobald Honora New York verlassen hat, hat das Buch etwas die Sorgfalt verloren. Mich hat oft gestört, dass gewisse Erzählungen, Beschreibungen von Personen etc. zu kurz geraten sind. Das Buch war teilweise sprunghaft. Es gab dann zwar mehr “Action”, aber die Tiefe hat das Buch verloren und nur zwischendurch versucht sie wieder zu gewinnen.
Prosper scheint tatsächlich gute Absichten gehabt zu haben, aber so richtig greifbar wurde er für mich nie. Vielleicht hätte sich die Autorin auch überlegen können, einen Teil aus seiner Perspektive zu schreiben. Quasi die Aussensicht auf Honora. Ich kann zwar nachvollziehen, dass Honora sich nicht auf die Beziehung zu Prosper einlassen konnte, aber auch das hätte noch etwas mehr erläutert werden können. Gleichzeitig bin ich sehr beeindruckt, dass sie nicht aus Dankbarkeit und daraus Pflichtbewusstsein bei Prosper geblieben ist, und sich von dieser einseitigen Abhängigkeit gelöst hat. Dafür haben bis heute Viele (insbesondere Frauen) nicht den Mut und die Möglichkeit.
Der Teil mit Joseph ist viel zu kitschig geraten. Dass Honora und er viele Gemeinsamkeiten und die gleiche Sehnsucht haben, ist ein versöhnlicher und guter Schluss. Er wurde jedoch etwas überzeichnet, zu sehr dem Cliché eines Indianers entsprechend. Und auf die Szene des Begehrens hätte man gut und gerne verzichten können. Sie scheint mir schlicht unrealistisch in ihrem Zustand. Schade war zudem, dass Honora nicht mehr reagiert hat, dass sowohl den Iren wie auch den Indianern Land weggenommen wurde. Dass sie also (zumindest teilweise) dieselbe Ungerechtigkeit erlebt haben. Dass sie das Vorgehen der Weissen in Amerika nicht tolerieren kann.