Ich hatte ehrlich gesagt, viel Freude daran das Buch zu lesen. Allerdings kann ich fast allen Einwänden recht geben, die ich bisher gelesen hatte. Dass Campion als Hauptfigur bis zum Schluss nur skizziert bleibt zum Beispiel - da es eine Buchreihe ist, denke ich, dass man im Laufe der Zeit mehr erfahren würde. Oder dass einige Andeutungen offen bleiben, könnte daran liegen, dass es einfach zu viele davon gab.
Die Geschichte aus den 1930 oder 1940er in der Sprache und mit den Werten aus dieser Zeit erfüllt nicht mehr die Ansprücke die heute an einen mitreissenden Krimi oder Thriller gestellt werden. Es ist eher eine Krimislapstick-Komödie. Ich fand das durchaus reizvoll zu lesen. Die Figuren bleiben werden archetypisch beschrieben und sind ohne grosse Ambivalenz. Die Schurken kleiden sich schurkisch und treiben sich in Schurkenkneipen rum Die Snobs tragen die Nase hoch und bleiben unter ihresgleichen - ausser der Detektiv, der sich in allen Klassen zu bewegen weiss, was als besonderer Vorteil aufgezeigt wird. Er wird typischerweise unterschätzt (damit einem das ja nicht entgeht, wird sein dümmlicher Gesichtsausdruck mehrmals beschrieben), so dass seine genialen Schlussfolgerungen überraschen. Allerdings hat er in diesem Buch mehr Glück als Verstand. Etwas aussergewöhnlich ist vielleicht, die schlaue Täterin. Eine intelligente Frau, die notabene ein Genie sein muss, wenn sie seit Jahren einen verdeckten Verbrecherring leitet (das tat sie, oder?) der weltweit einzigartige Dinge klaut, ohne dass sie verfolgt wird. Und doch archetypisch: sie wird als vorlaut, ungehobelt beschrieben und wie es eben Schurkinnen so tun. Sie ist also eine hochbegabte Psychopathin und schmeisst den vorübergehend glücklosen Helden in die Pferdebox wo er totgetrampelt werden soll und plötzlich lässt sie sich auf diese dumme Einzelaktion ein? Vermutlich ist die Autorin nicht ganz sooo schlau gewesen, wie die Täterin und deshalb ist ihr nichts genialeres eingefallen. Dies ist wirklich schade. Campion indessen, lässt sich von einem Fahrenden retten und reitet mit dem mittlerweile gedopten Pferd (was für ein magisches Pülverchen beruhigt einen Gaul und lässt ih sprinten wie ein Rennpferd?) wie in einem Slapstick-Movie zur Rettung des Kelches. Das fand ich einfach so lustig, weil es mir so typisch für den Humor dieser Zeit vorkommt. Völlig unglaubwürdig aber doch witzig. Wer würde denn heute noch so etwas schreiben? Etwas morbid auch die Idee mit dem Skelett in der Ritterrüstung und mysteriösen Andeutungen über einen gruseligen Geist. Dieser soll die bisher so abgebrühte Diebin so dermassen erschreckt haben, dass sie abstürzt während Campion völlig hilflos beschrieben wird. Die mystischen und morbid-humorvollen Anspielungen passen jedoch zur Atmosphäre der Geschichte und tragen zur Spannung bei, auch wenn sie vielleicht nicht ganz ernstgenommen werden können. Es scheint, als ob das Buch die Leser*innen dazu einlädt, sich über die Klischees und Handlungselemente hinwegzusetzen und einfach Spaß zu haben, was vielleicht auch für die Leserschaft der damaligen Zeit relevant war.
Ich hatte jedenfalls Freude daran und mir gefällt auch die Aufmachung des Buches, das sich auch für ein Geschenk ganz gut eignet.