So, nun bin auch ich durch mit dem 2. Teil. Sprachlich fand ich ja den 1. Teil schon sehr spannend: All die Ellipsen, die Abwechslung von direkter Rede, indirekter Rede und Gedanken (oft ohne entsprechende Kennzeichnung im Text), die vielen schnellen Themenwechsel etc. sind für mich ein Ausdruck der inneren Zerrissenheit von Tim. Sein Gefühlschaos drückt sich so wunderbar auch in der Sprache aus. Im 2. Teil ist der «sprachliche Anspruch» meiner Meinung nach noch etwas gestiegen. Oftmals gleicht die Erzählung einem Stream of Consciousness, also einem Bewusstseinsstrom. Die Figur sieht etwas, ihre Gedanken schweifen ab und so sind wir inhaltlich plötzlich an einem ganz anderen Ort als zu Beginn. Ich geb’s zu, manchmal musste ich ein paar Sätze wiederholen, v.a. wenn ich nicht ganz «bei der Sache» war, aber der Text wird durch diesen Bewusstseinsstrom definitiv anspruchsvoller und interessanter. Extrem spannend fand ich auch, dass sich diese abgebrochenen Sätze jetzt sogar über die Kapitel hinwegziehen: Öfters fiel mir auf, dass der letzte Satz eines Kapitels in der Mitte abbricht, während das darauffolgende Kapitel den Satz vervollständigt. Ich geb’ zu, ich musste mich daran gewöhnen, dass ein Kapitel mit einem Komma endet, aber es passt definitiv zum Schreibstil von Kallentoft.
Inhaltlich steigt für mich die Spannungskurve weiter an, wie’s in einem Krimi eben sein sollte. Anfangs war ich mir jeweils nicht sicher, ob die Figuren (z.B. auch Rebecka) unter Verfolgungswahn leiden, aber der 2. Teil brachte diesbezüglich ja Klarheit. Die Spannung steigt auch, weil endlich mehr «Handlung» vorhanden ist. Es werden nicht nur die Recherchen von Tim beschrieben, sondern langsam aber sicher geraten auch Tim und Rebecka in einen «neuen» Fall… Etwas schwer tat ich mich immer noch mit den Namen (manchmal brauchte ich ein paar Zeilen, bis ich wieder wusste, wer jetzt die Figur mit jenem Namen war…), aber das liegt wohl sicherlich daran, dass ich mir Namen allgemein schlecht merken kann und vielleicht deshalb wohl schnell mal über sie hinweg lese. Auch hatte ich weiterhin das Gefühl, einen gewissen Nachteil zu haben, weil ich das 1. Buch nicht gelesen habe. Klar, wir erfahren wieder bruchstückhaft von dem, was im 1. Buch passiert ist, aber ich hab’ nach wie vor das Gefühl, die Geschichte nicht ganz so gut verstehen zu können, wie wenn ich eben über noch mehr Textkenntnisse verfügen würde.
Ach ja, und was mir gar nicht gefällt am 2. Teil sind die Kapitel, wo wir über/von Emme hören. Ich kann diese Kapitel noch nicht ganz einordnen, aber sie hinterlassen mir klar den Eindruck, dass Emme noch lebt. Und dadurch fällt für mich schon mal ein Teil der Spannung zusammen, da die Frage, ob Emme noch lebt, indirekt beantwortet wird. Jetzt bleibt nur noch die Frage, ob bzw. wie Tim sie findet… Diesbezüglich kam mir dann immer wieder Fannys Input in den Sinn, dass das Buch nämlich im Original den Titel «Hör mich flüstern» trägt. Immer wieder wurde hier betont, dass Tim Emmes Anwesenheit zu spüren oder eben ihre Stimme zu hören versucht. Auch in den «Emme-Kapiteln» wurde immer wieder betont, dass Tim sie hören/finden würde…
Fazit im Grossen und Ganzen: Bin sehr gespannt, wie’s weiter geht!! Freue mich auf den letzten Teil!