Yomi

  • vor 5 Tagen
  • Beitritt 23. Juli 2024
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    Einer Prüfungsphase geschuldet melde auch ich mich nun verspätet und teile somit gleich meine Gedanken zum ersten und zweiten Teil unserer Lektüre:

    Erster Teil:
    Obwohl spät gestartet, habe ich den ersten Teil gleich an einem Stück durchgelesen. Der Schreibstil des Autors mit den von euch bereits erwähnten teilweise etwas langen Sätzen gefällt mir sehr gut. Besonders aufgefallen ist mir, dass die vom Protagonisten erlebten Situationen für alle Sinne fassbar geschildert werden - dies zeigt, wie achtsam er seine Umwelt wahrnimmt, in der wenig gesprochen, aber umso mehr ungesagt in der Luft liegt und damit eine Spannung erzeugt, die von einigen von euch als “böse Vorahnung” beschrieben wurde. Dieses Gefühl einer Vorahnung habe auch ich, was durch die Kapiteleinleitungen jeweils noch verstärkt wird. Ob tatsächlich noch etwas passiert, oder ob es in uns nur das Gefühl wecken soll, das auch die Figuren verspüren mögen - und zwar dass sich etwas ändern muss - wird sich zeigen.
    Immer wieder bin ich auf Schilderungen gestossen, die erst malerisch, fast schön beginnen, und dann so abrupt und mit einer unerwarteten Härte enden, dass es fast etwas humoristisches hat. Als Beispiel dazu ein Satz auf S. 38: “Schwankend, eine Hand an der holzvertäfelten Wand, stieg sie die drei Stufen hinunter und liess sich aufatmend in den Sessel plumpsen, mit Blick auf die grosse Wohnzimmerscheibe, gegen die in unregelmässigen Abständen, je nach Sonnenstand und Lichtverhältnissen, die Vögel knallten”. Auch diese Passagen, über die ich schmunzeln musste, geben das Lebensgefühl des Protagonisten gekonnt wieder - er malt sich eine schöne Welt aus, hat allgemein eine Vorliebe für das Schöne. Er sucht es in seinem Alltag so wie seine Familie es gezwungen gegen Aussen darzustellen versucht, und wird dann abrupt mit der hässlichen Realität konfrontiert, die alle zu vertuschen versuchen.
    Ein weiteres interessantes Stilmittel fand ich in der Tatsache, dass die Erlebnisse Daniels in der Vergangenheitsform geschildert werden, während die Rückblicke zum Leben der Oma Lydia, anders als erwartet, in der Gegenwartsform wiedergegeben werden.
    Dieses Buch scheint mehr von einem Lebensgefühl zu leben, als von seiner Handlung. Wir werden Zuschauer einer wahrscheinlich ziemlich normalen deutschen Familie, und erhalten, anders als sie es wahrscheinlich zulassen würde, Einblicke in die ungeschönte Realität, die sich hinter ihrer mühevoll aufgebauten Fassade abspielt.

    Zweiter Teil:
    Leider hat mich der zweite Teil weniger gepackt als der erste und auch ich beginne eine spannendere Handlung zu vermissen. Ich habe das Gefühl, dass sich dazu auch gar nicht allzuviel sagen lässt, was nicht schon in der Reflexion des ersten Teils erwähnt wurde.
    Am meisten gepackt haben mich die Kapitel über Henriettes Geschichte: Diese ist spannend und schockierend zugleich und zeigt, wie ein schwieriger Charakter geformt wird, wie der Krieg sie und ihre Familie, einschliesslich der nachkommenden Generationen, nachhaltig geprägt hat. Eine Geschichte, die mich schockiert, aber die nur beispielhaft für das Schicksal vieler deutscher Familien steht und lange keine Ausnahme darstellt.

    Nun bin ich gespannt auf den letzten Teil der Lektüre und wie das finale Fazit dazu ausfallen wird.

    Liebe Alle

    Auch bei mir lag heute das Buch im Briefkasten - vielen Dank!
    Ich freue mich auf eine spannende Lektüre und einen regen Austausch mit euch 🙂