Schoma Liebe Schoma, Entschuldigung, falls mein Kommentar den Eindruck erweckt hat, ich hätte mich durch deine Antwort disqualifiziert gefühlt. Das war keineswegs so.
Für mich ist “Literatur” das, was in Worten ergreift, packt, vergegenwärtigt. Und ich lese aus diesem Grund auch gerne Essays, weil das gewissermassen Wissenschaft mit literarischen Mitteln ist. Da gibt’s dann halt keine kilometerlangen Fussnoten oder akribische Literaturhinweise und von daher steht dieses Genre auch nicht jedem Normalsterblichen offen. Man braucht schon eine sehr hohe fachliche Autorität, um sich des wissenschaftlichen Essays zu bedienen. Denn man braucht da nichts mehr zu belegen, um ernstgenommen zu werden.
Für mich gehört es trotzdem in den Bereich “Literatur”, wenn ich mich durch diese Art des Schreibens in eine dargestellte Person (bzw. Figur) einfühlen kann und ich mit dem erzählten Geschehen mitschwinge. Und bei Freuds Schilderungen bin ich dann in diesem Mädchen drin und höre die Wanduhr im Zimmer ticken und spüre die Blicke der Nachbarn, die mich beim Liebesakt ausspionieren wollen, weil das sensationell hautnah geschildert wird. Sowas hinzukriegen finde ich eine grosse literarische Leistung, ganz egal, ob sich der geschilderte “Fall” wirklich so zugetragen hat oder nicht. Freud war ja letztlich auch nicht dabei oder hat vielleicht diese Geschichte auch nur fantasiert, um seinen Theorien Nachdruck zu verleihen. Ich finde es grosses Kino oder besser gesagt: grosse Literatur.
Einen schönen Sonntag.