Auch ich fand endlich die Zeit, um meine Meinung bezüglich der ersten beiden Geschichten zu schreiben, obwohl Meinung bereits ein bisschen viel gesagt ist. Ich bin mir noch völlig unsicher, wie ich das Buch bisher finde.
Angefangen beim Schreibstil. Ich finde den Schreibstil sehr sprunghaft und ungewohnt komplex und ich muss genau aufpassen, damit ich den Faden nicht plötzlich verliere. Zum einen mag ich das sehr gerne, es ist herausfordernd und mal was Neues. Aber zum anderen nervt es mich auch total, weil ich grundsätzlich aus Spass lese und ich dabei abschalten will, nicht um mich zu konzentrieren damit ich Sätze verstehen kann, die wirklich kein Mensch so sagen würde und auch deutlich weniger hochgestochen hätten formuliert werden können, ohne dass die Geschichte an literarischem Niveau hätte einbüssen müssen. Aber wie bereits gesagt, eine kleine Herausforderung schadet nicht, dennoch würde ich kein 800 Seiten Buch lesen, welches sich an solchen stilistischen Mitteln bedient.
Nun zur blutigen Kammer:
Auch hier weiss ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Klar ist, dass für mich extrem unklar ist, wo hier die feministische Power zum Zuge hätte kommen sollen. Die Mutter war der Hammer, gar keine Frage. Aber für mich wars das auch schon mit Frauenpower. Sie ist ein dummes junges Mädchen, welches sich kaum von Mamas Brust gelöst gleich in die Arme eines reichen Mannes fallen lässt. Und obwohl Andeutungen gemacht werden, dass ihr durchaus klar ist, für welch herrischen Patriarch sie ihre Freiheit geopfert hat, kam es mir wirklich nie so vor, als würde sie diesen Umstand aus tiefstem Herzen untragbar finden. Und als für sie mit der Entdeckung der Kammer doch die Grenze des Zumutbaren überschritten wird, flüchtet sie in die Arme eines anderen Mannes. Dieser kann sie aber nicht retten, zu dumm, also ergibt sie sich ihrem Schicksal. Ein Glück kam Mutti angerannt, um den Tag zu retten. Ich weiss nicht, wahrscheinlich bin ich die Einzige, die dieser Protagonistin gegenüber so kritisch ist, aber ich konnte ihre Stärke einfach wirklich nicht erkennen. Und das an sich war für mich schon ein Problem. Man muss die Stärke einer Frau nicht mit grösster Anstrengung suchen, um sie erkennen zu können, denn sie ist so offensichtlich wahrnehmbar, dass selbst der blinde Klavierstimmer sie hätte sehen können. Vielleicht ist es meine persönliche Definition von Feminismus, vielleicht aber auch nur die Tatsache, dass ich das Original der Geschichte nicht kenne…
Die verschlossene Kammer an sich fand ich aber ganz cool. Ganz allgemein symbolisierte sie für mich das Verbotene. Aber auch das Schreckliche, das Grauenhafte, die dunkle Seite einer jeden Seele. Sie symbolisierte für mich Kontrollsucht und den Zwang, sich an vergangener Macht festzuhalten. Sie symbolisierte für mich aber auch ein natürliches Verlangen nach Neugierde, Erkundungsdrang und den Mut, einen Schritt in eine unbekannte Richtung zu gehen. Je nach dem, mit welchem Endgedanken ich die Kammer betrachte, hat sie unterschiedliche Bedeutungen.
So auch die Musik. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Musik war ihr Weg, um sich vor all den dunkel lauernden Gefahren zu verstecken. Aber manchmal war es ihr Weg, sich den Gefahren zu stellen. Es war ihr Weg in die Freiheit und gleichzeitig ihr Weg zurück nach Hause, zurück zu sich selbst, das fand ich schön. Ein sanfter Kontrast zur Brutalität der Kammer.
Die Avancen des Mr Lyon hat mich leider überhaupt nicht gepackt. Ich w¨ürde gerne ausführlicher beschreiben, wieso nicht, doch ich kann es einfach nicht benennen. Die ganze Lesezeit über habe ich mich gefragt, welche Motivation eine Autorin dazu veranlasst, eine solche Geschichte zu verfassen. Einzig die Hündin hat mir gefallen. Vielleicht habe ich mit Mr Lyon einfach für mich herausgefunden, dass ich Kurzgeschichten wohl doch nicht mag, vielleicht aber ist es etwas anderes…. Ich weiss es nicht…
Trotzdem freue ich mich weiter zu lesen und bin gespannt, was die nächsten Geschichten mitbringen.