„Die Sache mit Rachel“ ist tatsächlich so eine Sache…
Ich bin entgegen vieler, wie mir scheint, schnell in das Buch und die Geschichte eingetaucht und lese es gern. Die Zeitebenen haben mich zu Beginn irritiert, so dass ich einen Moment brauchte, um mich darauf einlassen und es nachvollziehen zu können.
Rachel ist für mich von Beginn an eine ambivalente, sich suchende Persönlichkeit, welche ihren Weg ins Erwachsenenleben und die damit verbundene Loslösung zum Elternhaus, sucht. Hierbei bemerkt Sie meiner Meinung nach wenig, wie Naiv sie Situationen teils gegenübertritt und sich direkt in nächste Abhängigkeiten stürzt. Ob dies zu Beginn James ist, oder später Carey zu sein scheint. James wird von ihr zu einem „Idol“ gemacht und regelrecht „vergöttert“. Ich frage mich wieso ihre zu Beginn nachvollziehbare Bewunderung aufgrund der Charakterzüge und des eher stabilen, sicheren Auftretens von James, solche Ausmasse annimmt und nach der Aktion mit Dr. Byrne nicht abreisst. Welche Bedürfnisse sind nicht gestillt, dass sie ihn so emporhebt?!
Zwischen den Zeilen lässt Sie sehr direkt einfliessen, wie ihr eigenes Selbstbild aussieht:
- „Ihr wisst ja bereits, dass ich eine Art Misogynistin war.“ (S. 46) —> Meiner Meinung nach ist Sie das weiterhin, v.a. Sich selbst gegenüber.
- „James (…)nannte das College „Uni“, was ich mochte, weil (…) mir das Gefühl verlieh, eine erstklassige Bildung zu geniessen. —> Zeugt für mich von einem wenig Selbstbewussten, sich in Frage stellenden und abwertenden Selbstbild, was im Aussen nach Bestätigung und Zuspruch sucht.
- „Ich wünschte mir verzweifelt jemanden, mit dem ich reden konnte. Aber es gab niemanden. Ich hatte einen Ozean voller Probleme geschaffen, in dem James der Navigator war. (…) Ich machte mir Sorgen, ob meine verletzten Gefühle in Wirklichkeit unterdrückte Homophobie waren.“ (S.84)—> Sie erkennt in einem kurzen Moment, in welcher Dynamik Sie sich mit James befindet, zweifelt im nächsten Schritt jedoch direkt erneut an sich selbst und reduziert die Geschehnisse und ihre Gefühle auf Unwichtigkeiten.
- „Nach Shandon Street habe ich 8 Jahre lang nicht mit einem Mann zusammengelebt. (…) James hat mich gut erzogen“. (S. 112) —> Erneut ein klarer Blick auf die Dynamik der Beziehung der beiden. Ein ungesundes Erleben.
Interessant finde ich, wie ähnlich sich die Situation mit James und Dr. Byrne, an emotionaler Verletzung und auch Abhängigkeit, sich in der Geschichte mit Carey widerspiegelt:
- „Ghosting, psychische Manipulation. Auch Gaslighting (…).“ (S. 150) und „Mir wurde klar, dass Carey keine Richtung hatte, aber das störte mich nicht. Er war nett, und er war verrückt nach mir.“ (S.157) —> Hier zeigt sich Rachel meiner Meinung nach gereifter. Sie erkennt klar, was passiert und was es mit ihr macht, stellt ihre Bedürftigkeit und Bedürfnisse aber darüber, in dem Sie es akzeptiert.
Für mich sind die männlichen Personen Nebencharaktere (bisher). Viel spannender finde ich die Persönlichkeit und Entwicklung von Rachel.
Wie geht es mit ihr und ihrem Mann weiter?
Sie wird mir im Verlauf bisher nicht sympathischer. Ich hoffe, dass dies noch kommt. Im weiteren Verlauf wünsche ich mir langsam mehr Stabilität und Reife von Rachel. Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht und sich alle Personen entwickeln.