Nun habe ich doch noch ein Buch für die Juli-Challenge gelesen. Unverhofft bin ich auf ein Buch gestossen, welches mich sofort ansprach und in Briefform geschrieben ist: Berliner Briefe von Susanne Kerckhoff
Die Autorin schreibt Briefe an Hans, dem die Flucht aus Hitler-Deutschland nach Paris gelungen ist. Sie schreibt ihm in den Nachkriegsjahren. Auch wenn man nie einen Brief von ihm zu lesen erhält, lässt die Autorin durchblicken, was er ihr geschrieben hat. Denn sie antwortet ihm auf ihre Weise auf seine Briefe und seine Fragen. Dabei ist sie sehr selbstkritisch mit sich, den Alliierten, dem deutschen Volk, den Regierungen und den Parteien. Sie schreibt wortgewaltig, ehrlich, selbstkritisch und schmerzhaft.
Unfreiwillig zeigt sie zu ihrer Zeit auf, warum die heutige Deutsche Politik ist wie sie ist und warum es überall wieder zu einem Rechtsruck kommt. Ihr Ermahnen aus den Nachkriegsjahren, sollte sich die heutige Gesellschaft zu Herzen nehmen. Ich bin mir sicher, vieles würde dann anders laufen.
Vorwort der Autorin:
Irgendeine Berlinerin, deren Schicksal weniger bedeutend ist als das Schicksal Tausender, schreibt Briefe an irgendeinen Emigranten. In diesen Briefen spiegeln sich Ratlosigkeit und Hoffnung. Ein Mensch bemüht sich, innerhalb der gegebenen Situation über das politische Woher und Wohin Rechenschaft abzulegen.
Die belletristische Form wurde gewählt, weil dieses Büchlein kein endgültiges, ausgereiftes Credo sein kann. Im Zeitgeschehen verdunkeln und erhellen sich die Erkenntnisse. Jeder Tag bringt neue Entscheidungen. Beständig bleiben nur die Wachheit des Gewissens und der Wille, die Wahrheit unermüdlich zu suchen und ihr zu dienen. Daher ist der vorliegende Versuch fehlerhaft - aber er ist ehrlich. Womit nicht gesagt sein soll, dass andere Versuche unehrlich wären. Ebenso sicher ist es, dass diese Form der politischen Auseinandersetzung mit dem Nachkriegsgeschehen kein privates Spiel einer “Ich-sitze-gern-zwischen-den-Stühlen”-Koketterie ist. Noch um die endgültige Erkenntnis ringen, heisst nicht, der Aktion ausweichen, sondern sich im Gegenteil auf sie vorbereiten.