Fanny Liebe Fanny
Der Schlüsselsatz, den Du Dir im 3. Teil angestrichen hast, ist in der Tat herausragend - und heute noch absolut zutreffend. Wie ich schon einmal erwähnt habe, sind es die das Baby umgebenden und umsorgenden Erwachsenen, welche das Kind formen, einschränken oder fördern. Elizabeth ist für mich eine Mutter wider Willen, die, als Wesen nun in ihr leben getreten ist, sich ihm ganz widmet und in ihrem fast wissenschaftlichen Vorgehen mit Ihrer Tochter dieser einen unglaublich weiten Horizont schenkt. Damit ist sie ihrer Zeit weit voraus. Amüsant und sehr charakteristisch finde ich, dass die kleine Mad - ganz Tochter ihrer Mutter - zwar einen Bunsenbrenner kennt, chemische Formeln beherrscht - aber im Bereich von Begriffen im Familienumfeld nicht viel weiss wie ihre Frage ‘Was ist eine Patin?’ beispielsweise zeigt. Elizabeths Horror angesichts ihrer Familie schlägt hier durch. Familie spielt keine Rolle.
Die Entwicklung im Roman ist rasant - von Beginn weg. Bonnie Gramus geht in meinen Augen sehr konsequent mit ihren Figuren um. Und der trockene Humor begeistert mich. So very British. Es fällt mir jedoch schwer, das Buch in eine Kategorie abzustempeln. Es hat viele Elemente - historisch, weil es in einer definierten Zeit, den 1950er bis Anfang 60er Jahre spielt, - gesellschaftliche Aspekte, weil die Handlung der damaligen Gesellschaft den Spiegel vorhält. Feministisch? Da stelle ich mir etwas anderes vor, das ständige Herausheben-müssen von Frauenrechten. Für Elizabeth ist es ganz selbstverständlich, dass sie als Frau so lebt, wie sie will. Genau so habe ich auch gelebt! Komödie? Sicher gibt es da viele Ansätze.
Ich glaube eher, dass es sich bei “Eine Frage der Chemie” um einen Roman handelt, der sich konsequent der Schubladisierung in eine Katergorie entzieht. Das macht ihn zeitlos, zu ein Literatur, welche Leser auch in 30 Jahren anspricht und ganz sicher zu einem Bestseller.
Was mich umtreibt, ist die Virtuosität von Bonnie Gramus als Autorin. Sie verwnedet geschickt einen sehr grossen Umfang schriftstellerischer Werkzeuge mit fast schlafwandlerischer Sicherheit! Dabei ist “Eine Frage der Chemie” ein Erstlingswerk!! Was steckt noch in dieser Autorin? Die Messlatte für ihre hoffentlich weiteren Themen liegt enorm hoch.