Mir ist schwindlig. Der Titel passt perfekt zum Gefühl, das Hengameh Yaghoobifarahs Roman Schwindel beim Lesen hinterlässt. Avas (ehemalige) Liebhaber*innen treffen alle plötzlich bei ihr zu Hause aufeinander und werden kurzerhand auf dem Dach ausgesperrt, als Ava versucht aus der Situation zu flüchten. Der Situation hilflos ausgesetzt, sind sie gezwungen, sich mit sich selbst, ihren Beziehungen und Ängsten auseinandersetzen. Yaghoobifarah schreibt mit einer Mischung aus Humor und Tiefgang, die unter die Haut geht. Das Buch ist zutiefst queer, nicht nur die Figuren, sondern auch die Sprache, Erzählweise und Themen. Wer sich mit Queerness noch nicht allzu auseinandergesetzt hat, könnte beim Lesen hin und wieder ins Stolpern geraten, da Hengameh Yaghoobifarah viele Slang-Wörter und Anglizismen verwendet. Durch die Rückblenden, welche aus Sicht der jeweiligen Personen erzählt werden, erfahren wir viel über deren Geschichte und wie sie in die verzwickte Situation mit Ava gelangt sind. Die experimentelle Erzählweise trägt dazu bei, dass sich das Buch wie ein vielstimmiges Mosaik anfühlt – manchmal chaotisch, aber nie langweilig. Das Ende kam für mich leider sehr überraschend und wird von einem Plot-Twist begleitet, welcher nicht ganz glaubwürdig wirkte und die zuvor sorgfältig aufgebaute Dynamik etwas abrupt auflöste. Insgesamt aber ist Schwindel ein mutiges, originelles und emotionales Buch, das sich mit queeren Identitäten und zwischenmenschlichen Beziehungen auseinandersetzt.