P
Pippi

  • 2. Nov 2023
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  • C. Rademacher lädt den Leser ein auf eine Fahrt mit dem Dampfer Champollion von Marseille durch den neuen Suezkanal nach Maskat. Schon nach wenigen Tagen aber wird das opulente, dekadent-gelangweilte Leben in der ersten Klasse jäh unterbrochen durch das Verschwinden einer Passagierin. Ihr Ehemann stösst auf seiner verzweifelten Suche auf eine Mauer von Vertuschung und Schweigen und gerät letztlich selbst in Verdacht.

    Ein klassischer Krimi nach Art von beispielsweise der Mäusefalle von Agatha Christie, könnte man meinen.

    Die Aufklärung des Verschwindens geschieht am Ende dann aber eher nebenbei und mit einem unerwarteten Twist. Das Happy Ending für den Hauptprotagonisten schliesst den Roman erwartet, aber etwas brüsk ab.

    Rademacher beschreibt in herrlich bildhafter Weise, die Ausrüstung des Schiffs, das Leben an Bord und die Landausflüge, die sehr beschwerlich sind und noch unberührt von Touristenströmen. Die Meer, die Landschaften, der Sturm, all das nimmt den Leser mit auf diese lange Reise. Das Buch eine erfrischende Sommerlektüre, die sich stellenweise wie ein Drehbuch liest. Wann kommt der nächste Teil?

  • Der dritte Teil: Keine schöne Landschaften mehr, kein Sightseeing. Die Sache nimmt Fahrt auf und ein Charakter um den anderen zeigt sein wahres Gesicht.

    Ich habe mich um Jung gesorgt, der mit jeder neuen Erkenntnis sogleich die entsprechenden Personen zur Rede gestellt hat. Gewundert habe ich mich, dass er so schnell zu Gewalt neigt, er der früher so tastend auf der Suche war. Richtiggehend geärgert hat mich, dass sämtliche Täter - Lüttgen, Dorgèles, Hugo Rosterg und Lady Westmascott jeweils sofort einbrechen und alles zugeben, kaum dass sie mit einem “Wissen ohne Beweise” konfrontiert werden.

    Am Ende bleiben trotzdem viele Handlungsstränge offen, und ja, da gebe ich Dogisa recht… man erwartet schon das Sequel.

    Das Happy End der beiden Alleingelassenen Jung und Fanny ist mir etwas zu schön, um wahr zu sein. Ist das ähnliche Schicksal wirklich Basis genug für eine Beziehung?

    Alles in allem hat mir der mittlere Teil am Besten gefallen. Das Buch insgesamt ist für mich kein Krimi, aber ein angenehmer und süffiger Roman, den man gern am Stück verschlingen könnte.

  • Bevor ich morgen an die Nordsee abdüsen darf, noch ein paar Gedanken zum zweiten Teil.

    Der zweite Teil hat mich zunehmend gepackt.

    Ich fand die Landschaftsbeschreibungen sehr treffend und stimmungsvoll. Die Wüste, die Pyramiden, die in jener Zeit noch ohne viel Touristenströme besichtigt werden konnten. Auch die Strapazen der Besucher… Erstaunlich, dass Lady Westmacott und ihre Begleiter so klaglos hinnehmen, dass Carter sie nicht ins Grab lässt, wo es doch so eine einmalige Gelegenheit gewesen wäre. Herrlich die Beschreibung, wie sie stattdessen dann wie verlorene Käfer das Tal der Könige durchstreifen. Ich habe es bildlich vor mir. Auch die Fahrt durch den Suezkanal, ein Schiff, das quasi durch die Wüste gleitet, ist herrlich beschrieben.

    Auch die Beschreibung des Sturms ist packend. Die Sicherheitsmassnahmen wie die Gitarre, die auf den Tischen aufgezogen wird. Die Wellen, die übers untere Deck brechen und verunmöglichen, dass man sich dort noch sicher aufhält. Die Gischt und das Salz in der Luft. Dann auch sehr schön die Bilder mit den Möven, die Delphine, die vor dem Bug spielen. All das erinnert mich an eine eigene Schiffpassage vor vielen Jahren.

    Ja, die Geschichte nimmt Fahrt auf. So viele Handlungsstränge (Adams und das Öl, Dorgeles als Schmuggler, der alte Rosterg und seine Machenschaften, Marthe und Ernst nächtlich auf Deck, der Matrose vor dem dritten Schornstein), so viele Familiengeheimnisse (Doras Herkunft, Ernsts Homosexualität) , so viele Ereignisse an Bord (Der Sturm, Marinetti als Dieb, dann als “Mann über Bord”). Ich übernehme das Misstrauen von Jung… plötzlich ist mir jeder verdächtig, traue ich allen alles zu. Selbst Dora, die vielleicht sogar selbst ihr Verschwinden geplant hat?

    Fast nicht aushalten kann ich Jungs äusserliche Gelassenheit, sein Mitwirken im üblen Spiel. Immer wieder möchte ich ihm zurufen: Pass auf, das kann Dir zur Falle werden! Sein Telegramm an Dora etwa. Seine Abmachung mit Marinetti. Seine Offenheit gegenüber Fanny.

    Ich hatte Mühe, das Buch an der vereinbarten Stelle wegzulegen. Ab morgen werde ich mich auf den Rest stürzen!

    • Hallo zusammen, dann will ich auch einmal meine ersten Eindrücke schildern. Ich hatte etwas Mühe, in die Lektüre einzusteigen, es erschien mir alles ziemlich überzeichnet beschrieben und klischeehaft. Mittlerweile hat mich das Buch aber total gepackt.

      Einen kurzen Moment habe ich an mir selbst gezweifelt. War nun Dora wirklich auf dem Schiff, oder bin ich nur den Wahnvorstellungen von Jung aufgesessen? Dieses Gefühl hätte ich gut noch ein wenig länger aushalten können, war fast enttäuscht darüber, dass Fanny bestätigt, Dora gesehen zu haben. Bin jedenfalls gespannt, ob und wie Jung da wieder rauskommt.

      Zu meinem Vorwurf der Überzeichnung: Oft hatte ich den Eindruck, dass sehr bemüht die Authentizität der Zwanziger Jahre gesucht wird. Ich bräuchte dazu nicht zwingend die Nennung von Zigaretten-, Kaugummi- und Automarken etc. Ganz schlimm fand ich die Vorstellung, dass Lüttgen sogar seinen Tennisschläger dabei gehabt haben soll zum Nachmittagstee.

      Zeitweilig habe ich Deja-vus…oder eher Deja-lus? :-). Zum x-ten Mal wird eine Zigarette in eine elfenbeinerne Spitze gesteckt. zum x-ten Mal suchen Passagiere Schatten unter den Rettungsbooten. Oder ist das ein Stilmittel, um die Begrenztheit der Situation und die gewisse Langeweile des immer Gleichen darzustellen?

      Ich bin jedenfalls gespannt auf den nächsten Abschnitt!

    • Hallo, alle zusammen, auch ich bin zum ersten mal in einer Leserunde dabei und freue mich über das Buch. Ich freue mich auf das 20er Jahre Feeling. Auch dass es eine Kriminalgeschichte ist, weckt meine Neugierde. Heute habe ich zu lesen begonnen …

      • Ich bin erst vor 3 Tagen auf die Challenge gestossen. Mein Januarbuch ist “Afrikatnische Aufbrüche” von David Signer. Afrikanische Lebensgeschichten der etwas anderen Art. Keine Gutenachtlektüre, aber viel Stoff zum Nachdenken und Überdenken von verinnerlichten Ansichten