Sobald ich mit dem Lesen begonnen habe, bin ich in die Welt von Elsa abgetaucht. Ich finde das Buch sehr gut geschrieben, so dass die Geschichte vor meinem inneren Auge wie ein Film abläuft. Man kann sich die Farm vorstellen, die Tiere, das Land, das grosse Windrad, wo Raf sich zurückzieht und mit seiner Tochter Zukunftspläne schmiedet. Auch die klimatischen Bedingungen werden gut beschrieben, die Dürre, die Hitze und während der Sandstürme hatte ich manchmal selber das Gefühl ich kann nicht richtig atmen. Auch wenn vielleicht nicht alle Details stimmen, die geschichtlichen und sozialen Zusammenhänge sind sehr gut wiedergegeben. Die Geschichte erinnert natürlich sehr an John Steinbecks “Grapes of Wrath”, aber ich habe das Buch nicht gelesen und kann es daher nicht im Detail vergleichen.
Als Elsa aus ihrem “Gefängnis” ausbricht, um Abenteuer wie in ihren Büchern zu erleben ist sie kein junges Mädchen mehr. Sie ist 25 und alle gleichaltrigen inklusive ihrer Schwestern sind längst verheiratet. Durch Zufall läuft sie Raf über den Weg und annerkennungssuchend und liebeshungrig geht sie mit ihm. Eins führt zum anderen und als sie schwanger wird, verstossen sie ihre Eltern und bringen sie zu Rafs Familie. Man hat den Eindruck, ihre Familie ist erleichtert, sie, die sonderbare, die Aussenseiterin loszuwerden. Raf und seine Familie sind natürlich nicht sehr begeistert, nehmen sie und wahrscheinlich vor allem ihr ungeborenes Enkelkind jedoch auf. Was ich speziell fand: seine aufgelöste Verlobung müsste doch in der Stadt einen Skandal ausgelöst haben was im Buch mit keinem Wort mehr erwähnt wird. Aber ich finde das durchaus angenehm, dass sich Kristin Hannah nicht in Details verliert, sondern dass die Rahmengeschichte weitergeht.
Elsa und Rose kommen sich im Verlauf der Jahre, aber besonders durch die Geburten der Kinder näher. Obwohl Raf und Elsa zu Beginn ihrer Beziehung gute Gespräche haben, finden sie nicht zueinander und können sich nicht gegenseitig ihre Gefühle offenbaren. Aus ihren Träumereien ist der harte Alltag auf der Farm geworden. Die strenge Arbeit, die kleinen Kinder und nie Zeit für sich oder alleine zu zweit. Raf ist schon zu Beginn ein Träumer, der ganz andere Ziele hatte, als auf der Farm zu bleiben. Musste er doch seine College-Pläne wegen der ungeplanten Schwangerschaft vergessen und es scheint, er bleibt ein Träumer und lieber ertränkt er seine Probleme im Alkohol und braucht das knappe Geld für Zigaretten, als dass er Verantwortung für die Familie übernimmt. Und schliesslich lässt er alle im Stich, um sich selber zu retten. Gerade als man das Gefühl hatte, die beiden kommen sich doch noch näher. Elsa hingegen schätzt es sehr, teil einer Familie zu sein und tut alles für ihre Kinder, auch wenn die Beziehung zu Loreda etwas schwierig ist.
Auf jeden Fall bin ich sehr gespannt, ob Raf jemals wieder auftaucht, ob Elsa später wieder auf die Farm zurückkehrt und Rose und Tony wiedersieht und natürlich zunächst wie sie und die beiden Kinder die Reise nach Kalifornien überstehen. Wenn man sich vorstellt, wie es diesen Leuten ergangen sein muss, die ein paar Jahre zuvor recht wohlhabend gewesen sind und nun plötzlich jeden Tag ums Überleben kämpfen müssen, zuschauen müssen, wie ihre Felder zugrunde gehen, wie ihr Vieh jämmerlich verhungert und verdurstet. Diese Verzweiflung, die sie schliesslich zum Aufbruch in eine völlig ungewisse Zukunft zwingt. Ein nach wie vor sehr aktuelles Thema, das mich sehr berührt.