Beim Besuch der Leipziger Buchmesse am Wochenende hat sich in unserer Reisegruppe ein Thema ergeben, das ich gerne zur weiteren Diskussion öffnen möchte, da wir irgendwie zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen sind.

Dark Romance war eines der dominierenden Genres an der Messe und wir haben den Reiz dieses Genres diskutiert, bzw. teilweise auch hinterfragt. Dass ein Buch oder eine Buchreihe spicy, sexy und mit ungewöhnlichen Sexpraktiken ausgestattet ist, hat ja durchaus seinen Reiz. Wo sich bei mir Fragezeichen eröffnen, ist die Darstellung toxischer Dynamiken, in denen (sexualisierte) Gewalt, meist der Frau gegenüber, toleriert und teilweise sogar romantisiert wird z.B. der ungezähmte, tätowierte und dominante Zirkusartist, der sich von der unschuldigen Trapezkünstlerin einfach nimmt, worauf er gerade Lust hat - egal ob anfangs einvernehmlich oder nicht.

Vielleicht bin ich da zu feministisch unterwegs, aber ich sehe in diesen Darstellungen durchaus eine gewisse Problematik bei der Unterscheidung was im richtigen Leben OK ist und was eine Grenze überschreitet. Wenn ich solche Beispiele wie oben höre, macht mich das eigentlich mehr wütend, als dass ich es spicy finde.

Wie seht ihr das? Mich würde vor allem die Sichtweise von Leser: innen des Genres sehr interessieren - völlig wertfrei! Wo liegt der Reiz an toxischen, unterschwellig gewalttätigen Beziehungen? Welche Aspekte sehe ich nicht? Lest ihr das komplett losgelöst vom realen Leben?

Freue mich auf den Austausch.

Ich bin eine leidenschaftliche Dark Romance-Leserin und sehe dieses Genre für mich sehr ähnlich wie Fantasy: unrealistisch, düster, spannend und unterhaltsam. Normale Liebesgeschichten fesseln mich mittlerweile nicht mehr. Nach einem gewissen Alter und unzähligen Romanen wiederholt sich vieles, und Abwechslung wird immer seltener. Natürlich kann ein klassischer Liebesroman humorvoll sein, aber oft fehlt ihm die nötige Spannung, weshalb er schnell langweilig wird. Fast alle Dark-Romance-Romane, die ich lese, sind packend, düster und haben oft einen Hauch von Thriller oder Krimi. Es gibt jedoch auch Autorinnen, die eher auf explizite Inhalte setzen – das ist nicht mein Fall, denn das, was mir den Kick gibt, ist mehr als nur oberflächliche Erotik. Eine gute Dark Romance-Reihe, wie zum Beispiel The Edge of Darkness, bietet Spannung und Charaktere, die über sich hinauswachsen – auch wenn sie sich in eher außergewöhnlichen Situationen befinden. Natürlich sind auch sexuelle Anziehung und Erlebnisse ein Teil davon, vielleicht sogar mit Mafia oder kriminellen Netzwerken. Ich persönlich mag das Düster-Dramatische, das Unwirkliche. Ich ziehe Bücher vor, die mich weit weg von der realen Welt entführen. Und ich genieße es, in diese düsteren Welten abzutauchen, denn glücklicherweise habe ich in meinem eigenen Leben nichts mit diesen Themen zu tun. Deshalb kann ich diese Geschichten lesen und mich bestens unterhalten lassen.

    Zwischendurch lese ich auch ganz gerne mal DR und kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen. Anfangs war ich mir auch nicht sicher wie ich das mit meiner inneren Feministin vereinbaren kann. 😅 Ich mag vor allem wenn es spannend ist und brauche den Spice nicht unbedingt, als Abwechslung zu Thrillern sind sie teilweise gut geeignet.

    Mir ist auch aufgefallen, dass mir Bücher, die mit einverständlich der Protagonistin besser gefallen und ich die anderen eher problematisch finde, da die Leserinnen teilweise sehr jung sind. Das führt tatsächlich auch zu meinem grössten Kritikpunkt bei den Büchern, die junge Leserschaft. Da die Bücher keine verbindende Altersbeschränkung haben, kann sie grundsätzlich jede*r kaufen, ich weiss nicht ob es gut ist solche Bücher vor Mitte 20 zu lesen. Es gibt bestimmt Menschen die das auch früher einordnen können aber wahrscheinlich nicht alle.

    Ich glaube die eine Antwort gibts es nicht und es wird ein viel diskutiertes Thema bleiben. Ich bin gespannt zu lesen wie das andere sehen 🙂

    Ich kann da nicht so fundiert antworten, da ich in der DR nicht unterwegs bin. Ich diskutiere aber regelmässig mit meiner Buchhändlerfreundin, da sie eben durchaus auch die Problematik sieht, was das (zu) junge Publikum angeht … und sie hatte auch schon dankbare Eltern, weil sie es verweigert hat. Ich habe es tatsächlich in DE schon gesehen, dass es da Bücherregale gibt, die mit ab 18 angeschrieben sind. Wie das aber mit dem effektiven Verkauf aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Finde Eure Gedanken dazu spannend. Was mich interessieren würde, ob es da nochmals einen Unterschied gibt zwischen DR “real” und DR “fantasy”? Oder läuft, wie @bookaddict_sylvia angetönt hat, alles unter “dem Unwirklichen”, eben phantastischem?

    Und ein Gedanke, der mir dazu noch kommt: Ich sehe da Parallelen zu Shades of Grey damals. Ein “neues” Genre, dass irgendwie jetzt einfach grösser vermarktet wird? Dass nämlich so viele NEs mit DR herauskommen, habe ich in meinen Buchhändlerjahren (bis 2022) nicht erlebt. Aber das ist mein persönlicher Eindruck.

    bookaddict_sylvia Ich finde deine Antwort super. Mir geht es gleich. Schlussendlich werden in solchen Büchern oft eher “animalische” sexuelle instinkte zum ausdruck gebracht, was ich ganz spannend finde. Es hat keine Grenzen wie ein Fantasybuch mit Krieg und Gewalt.

      ManuHoellinger Es kommt natürlich immer stark auf das Buch draufan. Mich reizen of nicht speziell die sexuellen Handlungen selbst, aber was die charaktere dazu treibt. Ich habe das gefühl, dass der Teil den Büchern oft auch tiefe gibt, weil die Charaktere oft Probleme und Traumas haben. Deshalb finde ich persönlich oft eher den psychologischen Grund dahinter spannend. Zum Beispiel bei Royal beginnt es mit dominierenden, harten sexuellen Akten, später im Buch oder auch in Teil zwei wachesen sie zusammen über ihre “dunklen Abgründe” und heilen sich gegenseitig einwenig.

      Ich selbst lese auch keine Dark Romance Bücher, habe aber schon so einige Diskussionsvideos darüber gesehen. Tatsächlich ist das ja nicht zum ersten Mal eine Frage. Als die ersten Liebesromane und Groschenromane für Frauen herauskamen, kam auch der Anstoss, dass (damals spezifisch natürlich) eine Frau die Geschichte nicht von der Realität unterscheiden könnte. Heute würde man solches Denken ja eher als veraltet ansehen, denn sollte nicht jeder lesen dürfen, was er will? Es kam dann auch wirklich die Fragestellung auf, was denn letztendlich “fortschrittlicher” ist: Jemanden lesen zu lassen, was er denn nun will (und sei es in diesem Falle zum Beispiel Hardcore Sex mit einem Mafiaboss oder was weiss ich) und ihm auch zuzutrauen, dass er Realität und Fiktion auseinanderhalten kann oder solche Bücher als Gefahr anzusehen, weil man denkt, dass die Person mit falschen Vorstellungen konfrontiert wird.

      Ich bin klar für Erstes. Es hängt auch von der Vermarktung ab. Eine Altersgrenze zum Beispiel ist nicht schlecht, besonders wenn die Erotikbücher mit einem gezeichneten/bunten Cover daherkommen, welches nicht immer klarmacht, um was es geht, aber ansonsten bin ich klar dafür, dass solche Bücher keineswegs problematisch sind, wenn sie auch beim richtigen Publikum/der richtigen Altersklasse ankommen. Lesen und lesen lassen. 🙂

      Ein Thema, dass wie bereits genannt immer wieder stark diskutiert wird.

      Für mich ist es hier wichtig, dass Bücher Triggerwarnungen enthalten und wenn sie wirklich für Erwachsene gedacht sind, dann sollten sie ab 18 Jahren sein.

      Ich denke nicht, dass ich Dark Romance als spicy für mich beschreiben würde. Für mich hat es die gleiche Faszination wie eine True Crime Doku. Ich versuche zu verstehen wie Menschen sich so verhalten können, da es gegen meinen eigenen moralischen Kompass geht. Bei einem Thriller oder Krimi sagt auch niemand, ach, die Beschreibung von xy war jetzt zu viel resp. es Bedarf hier einer Altersfreigabe.

      Zusätzlich gibt es in dem Genre klare Unterscheidungen zwischen absolut falschem Verhalten gegenüber Frauen und Männern, die kriminell sind, aber ihre Frauen korrekt behandeln. Vielleicht ist die Bezeichnung “Romance” hier etwas falsch. Vereinzelt sind es für mich eher Dark (Romance) Thriller.

      Auch ich bin für Frauenrechte und gegen jegliche Gewalt an Frauen. Ich denke jedoch, dass wir manipulative Verhaltensweisen und Gefahren nur erkennen können, wenn wir über diese lesen resp. informiert sind.

      Bei allem was fiktiv geschrieben wird, muss man dies getrennt vom realen Leben lesen - dies gilt auch für traditionelle Romance-Bücher. Denn, wie wahrscheinlich ist es, dass ich einen in diesen Bücher beschriebenen Traumtypen kennenlerne 😂.

      Ich weiss nicht, ob dir dies so weiterhilft.