Quilterin Ich finde nicht, dass es ein „richtiges“ oder „falsches“ Lesen gibt, bei mir stehen immer die Lust am Lesen und die Geschichte an sich im Vordergrund, also das reine Vergnügen. Ich bin durchaus der Meinung, dass Frau Clavadetschers Buch gelesen werden kann, wie es geschrieben ist, es ist wahnsinnig spannend und es stehen im Moment wahnsinnig viele Fragen im Raum. Da wir mit Weiterlesen warten müssen, begann ich nochmals von vorne und habe gewisse Stellen und Vorkommnisse wieder und wieder gelesen. Martina Clavadetscher hat in der SRF-Sendung das mit dem Babuschka-Effekt erwähnt, deshalb macht es öfters „klick“ und nach mehrmaligem Lesen öffnen sich neue Blickwinkel. Hätte ich diese ganze Zeit für die paar Seiten nicht, wäre ich mit dem Buch vermutlich bereits fertig, der Rausch wäre vorbei, ich wäre um eine sehr wahrscheinlich tolle Geschichte reicher, es wäre mir aber auch viel entgangen. Kleine Dinge wie „mashis“ Frage, ob es ein Zufall sei, dass Iris rückwärts gelesen Siri heisst. Dann finde ich solche Passagen einfach nur herrlich und freue mich daran: „Das Türschloss klickt. Iris? Die Frage trifft sie. Iris reagiert. In der Küche!“ (Seite 14) und „Iris? Die Frage trifft sie wie immer. Iris reagiert. Im Schlafzimmer!“ (Seite 18). Ich finde das brilliant! Überhaupt nimmt mich extrem wunder, wie weit Iris ist, sie scheint hoch entwickelt zu sein, neben dem blossen Reagieren (Iris reagiert, Iris weiss) kann sie aber auch selbstständig Geschichten erzählen und mehr (Iris ergänzt, Iris knüpft einen neuen Gedanken daran, Iris ahnt, Iris fantasiert, Iris entscheidet, Iris sucht gezielt, wünscht sich, staunt und so weiter). Iris lügt sogar und „weiss“, dass Eric lügt. Sie „kann Eric längst lesen“. Und dann dringt ihr Eigenwille durch: Obwohl Iris vom Tagesplan, der drängt und sich wie ein Alarm meldet, beherrscht wird (Iris muss), versucht sie sich dagegen zu sträuben: „Doch diesmal ist ihr Wille stärker, sie zögert, zögert weiter“ - aber dann lässt sie sich ablenken, tut etwas anderes. Noch ist sie nicht ganz soweit (wie weit oder wohin sie will weisss ich eben auch noch nicht): Und Iris lächelt, „Erinnerungen verursachen gute Gefühle“. „ Das kann nicht alles gewesen sein“, „So kann das nicht weitergehen“, „die Worte entgleiten Iris widerstandslos, wie so oft“. DieRebellin in Iris ist erwacht (wodurch?), doch es harzt (was fehlt?). Ich freue mich wahnsinnig auf die nächste Dinnerparty!
