Nadia Im dritten Kapitel des Buches beschreibt der Autor seine Kindheit in der Schweiz. Das Zusammenleben mit seiner Mutter, deren Schwester, Oma und Opa. Die Mutter bleibt immer kalt und unnahbar und ist untertags am Arbeiten, während das Kind von den Grosseltern behütet wird. So baut es eine innigere Beziehung zu diesen auf und begleitet sogar später die Oma beim Sterben. Der Opa tut gut, redet aber wenig. Dann ist da noch die ausgelassene und lebensfrohe Tante, die etwas Schwung in die Familie bringt.
Schön finde ich die Kindheitserinnerungen des Autors, die man gut noch selbst aus der eigenen Kindheit erinnert.
Man erfährt auch nebenbei, warum der Autor nichts erbt. Er wurde nicht mal adoptiert. Das stösst bitter auf. Und schon im zarten Alter von sechs wird er zum Psychologen geschickt, der herausfindet, dass das Kind den Namen des Vaters ablehnt und dass dieser Name ihn krank macht. Immerhin ändert dies dann den gehassten Namen in den des Stiefvaters. ??? Habe ich das richtig verstanden??? Und trotzdem ist er nicht adoptiert geworden ???
Er ist heute aber mit sich im Reinen. Ist er das wirklich, frage ich mich? Vielleicht war das Buchschreiben, seine Autobiografie auch eine Art Abrechnung, Auseinandersetzung mit sich und seiner Vergangenheit und Familie. Vor allem die Familie in Tobago, die er wieder gefunden hat, tut ihm gut. Er findet seine Wurzeln. Allerdings entgleiten gleich zwei frisch dazugewonnene ältere Frauen ihm später durch die einsetzende Demenz.
Ich frage mich auch sehr, warum uns der Autor an seiner Geschichte teilhaben lassen möchte? Ich persönlich würde das nicht wollen, dass fremde Menschen meine Geschichte oder die meiner Familie erfahren sollen. Es klingt aber überhaupt nicht fiktiv.
Von Kapitel zu Kapitel hat mir das Buch besser gefallen. Der Anfang war sehr verstörend mit der Kolonialgeschichte, Sklaverei und Kuliarbeit der indischen Bevölkerung auf Tobago. Der mittlere Teil spiegelte die Anteilnahme und Lebensfreude der wieder gefundenen Verwandtschaft in Tobago wieder und der dritte Teil erzählte seine Kindheit in der Schweiz mit Höhen und Tiefen beim Aufwachsen als people of colour im dörflichen Leben.
Sprachlich hat mir das Buch sehr gut gefallen, aber von selbst hätte ich das Buch nicht ausgewählt und würde das Buch auch nicht weiterempfehlen. Warum? Weil es eine Autobiografie ist. Nichtsdestotrotz finde ich es interessant über den eigenen Tellerrand zu schauen und Bücher jenseits meiner Komfortzone zu lesen. Dank dem Book Circle!
Allerdings bin ich gespannt auf den Autorenabend und hoffe dort noch mehr zu erfahren über den Autor und seine Motivation dies aufzuschreiben und zu veröffentlichen.
Auch die Auswahlkriterien für die bevorstehende Wahl zum Schweizer Buchpreis würden mich interessieren. Wer wird das Rennen wohl machen?