Guten Morgen,
ich habe den ersten Abschnitt gestern Abend zu Ende gelesen, geht ja wirklich schnell. Leider bin ich etwas enttäuscht bis jetzt. Der Kniff, die Handlungen so zu zersplittern, macht das Buch natürlich geheimnisvoller, aber nüchtern betrachtet, war es das aus meiner Sicht auch schon.
Die Atmosphäre ist nachts mit diesen Mondscheinbildern in den Schlafsälen noch ganz eindrücklich, aber ansonsten finde ich es eher nüchtern beschrieben.
Cleos Hintergrund ist ja noch in der Entwicklung, bisher ist ja nur klar, dass sie kleptomanisch ist und den Arzt bei einer Vorführung beißt. Wobei in diesem Zusammenhang auch etwas weiter vor angesprochen wird, dass ein Mädchen eingewiesen worden ist, nur weil sie sich vor Zudringlichkeiten gewehrt hat, und explizit ich glaube Cleo sagt, dass eben auch Frauen ohne Grund eingeliefert werden.
Auch das Nicht-Tanzen-Wollen der Ich-Erzählerin könnte in die gleiche Richtung gehen: Sie will nicht mehr tanzen für den Patron. Sie verweigert das Tanzen. Warum das so ist, wissen wir derzeit noch nicht, aber es könnte natürlich ein Herausbrechen aus dem Patriarchat und eine Suche nach Selbstbestimmung dahinterstecken. Sicherlich reichte das aber nicht, um in eine Nervenheilanstalt eingewiesen zu werden, hier wissen wir also auch (noch) zu wenig über die Vorgeschichte.
Bei mir springt der Funke noch nicht über und ich habe auch nicht den Eindruck, dass Kamber sich sehr intensiv mit der Heilanstalt beschäftigt hat. Hier habe ich einen interessanten Artikel in Spiegel Geschichte gefunden, der diese Auftritte rund um den Arzt Charcot beschreibt: Artikel Spiegel. Allerdings ist da von 5.000 internierten Frauen die Rede und von einem Arzt auf 250 Frauen. Aber natürlich muss ein Buch nicht unbedingt an der Realität haftenbleiben. Dennoch bin ich als Leser enttäuscht, weil ich mir bei dem Setting viel mehr Tiefe gewünscht hätte. Aber mal sehen, was noch kommt….