Ich habe die ersten 70 Seiten in einem Happen verschlungen. MIr gefällt die Sprache poetisch und klar für mein Empfinden kein Satz zu viel. Die Autorin führt die Figuren gut ein und baut bereits von der ersten Seite an, eine Spannung auf, die mich nicht loslässt. Ich will unbedingt die Vergangenheit erfahren, was geschah damals mit ihrer Schwester und weshalb lebte ihre Mutter ein passives Leben? Die Zeitsprünge an den richtigen Orten und verständlich eingebaut.
Die Charakteren sind für meinen Geschmack nicht Stereotypen sondern weisen Tiefe, Ecken und Kanten auf. Franziska Gänsler schreibt sehr atmosphärisch, für mich klingt der Ton nicht depressiv, aber enorm melancholisch und mit einer grossen Zärtlichkeit, dies passt perfekt zum Thema.
Auch mir ist aufgefallen, dass sie von “die” Mutter schreibt (und “meiner” Schwester). Finde ich einen tollen Einfall, denn nur dieses eine Wort zeigt die Distanz, trotz der Nähe auf. Mutter und Tochter leben in einer engen, abgekapselten Welt, waren sich so nah und dennoch bestand ein tiefer Graben zwischen ihnen (das Verschweigen der Vergangenheit).
Obwohl die Geschichte bis jetzt nicht aktionsgetrieben ist, schafft es die Autorin mich am Haken zu behalten und ich will mehr erfahren. Über den Vater, die Mutter und ihre Schwester. Eine Familiengeschichte, die einiges in mir Anklingen lässt.