DrQuinzel
Ich habe nochmals von vorn mit dem Buch begonnen und viel mehr am Stück gelesen. Das hat mir sehr gut getan, es war für mich um einiges einfacher, in die Geschichte einzutauchen.
Obwohl ich anfangs mit der Sprache etwas gekämpft habe, gefällt diese mir mittlerweile sehr gut. Ich kann mir die Szenerie am Strand, im Hotel und die Figuren mittlerweile sehr gut vorstellen. Die reduzierte Sprache passt zu der Tristesse, die Zoey ausstrahlt. Sie war als Kind mit ihrer Schwester Oda und ihrer Mutter isoliert dort am Strand, auch später als sie die Mutter gepflegt hat, war sie wieder isoliert.
Mir gefällt, dass Zoey nun ins Handeln kommt und der Geschichte ihrer Schwester auf den Grund gehen will. Sie wurde von der Mutter, die sich in ihrem Schmerz total verloren hat, so alleine gelassen mit ihrem Schmerz um ihre Schwester. Die Mutter hat ihren Schmerz zum Schmerz von Zoey gemacht. Die Mutter stirbt ja letztendlich auch an ihrem Schmerz. Auch der Vater ist nicht anwesend, im Text erscheint er nur am Telefon “zweidimensional” und will auch nicht Zoey reden, er bleibt “ein Screen”. Zoey gibt sich sogar die Schuld am Verschwinden von Oda, weil sie ihre Schwester in den Wald mitgenommen hat. Genaue Erinnerungen fehlen ihr aber. Kinder suchen häufig die Schuld bei sich für Dinge, die um sie herum passieren.
Interessant finde ich, dass die Autorin das Buch ihrer Mutter gewidmet hat. Die Figur der Mutter ist im Buch schwierig zu fassen und die Beziehung von Zoey zu ihrer Mutter war zum Schluss sehr belastet. Andererseits beschreibt sie ihre Mutter in der Zeit auf dem Camping als jemand, der gerne über skurrile Dinge lachte, lebensfroh, mitfühlend und zart gewesen sei. Oda, die Mutter, die in diesem 2. Teil einen Namen “Anna” bekommt und Zoey lebten in ihrer gemeinsamen Zeit in einer Art Symbiose. Die Autorin beschreibt “wir waren ein Körper mit drei Köpfchen, und der Wagen unsere Höhle. Unser Herz war ein Herz.”
Es wäre spannend zu wissen, was die Autorin für eine Beziehung zu ihrer Mutter hat, wie sie ihre eigene Mutter erlebt hat.
Spannend finde ich die Figur der Mme Future. Dass eine Figur, die Mme Future heisst, Zoey beim Entwirren ihrer Vergangenheit hilft, finde ich schön. Wenn die Vergangenheit “aufgeräumt ist”, kann eine Zukunft entstehen. Mir gefällt auch das schrullige an dieser Figur, ich mag sie sehr.
Schön finde ich auch, dass Zoey Marlène trifft und sie sich näher kommen. Marlène ist eine Insel in den Wogen aus Trauer und Vergangenheit (eine Insel im Licht).
Was mit Oda passiert ist, bleibt weiterhin im Dunkeln. Ein Verbrechen scheint nicht passiert zu sein, sonst wäre die Polizei involviert worden. Was aber die Menschen im Wald mit den Lichtern zu bedeuten haben, bleibt noch unklar. Dass der Vater etwas weiss, wird mit seinem Satz im Präsens klar. Aber auch er spricht nicht mit Zoey. Oda war wohl kränklich, vielleicht liegt hier der Grund für ihr Verschwinden? Auch die Frau, mit der die Mutter gestritten hat, spielt wahrscheinlich eine Rolle, aber welche?