“am andern Ende der Welt wartet ein kleines Mädchen”
Dies ist mein zweiter Hörbuch-Versuch. Der erste liegt einige Jahre zurück (“Nachtzug nach Lissabon”) und den hatte ich nicht zu Ende gehört, weil mir die Stimme nicht gefallen hat. Ich bin auch mit der Stimme von Cathlen Gawlich nicht warm geworden, insbesondere hat mir die Differenzierung bei den einzelnen Protagonisten gefehlt. Bei Orell Füssli ist dieses Hörbuch mit der Kategorie “beliebte Sprecher” notiert. Da sieht man*frau, wie unterschiedlich die Empfindungen sind.
Aufgrund des Covers hätte ich mehr Bezug zum Spielzeug, zum Drachen erwartet (kommt vielleicht in der zweiten Hälfte?). Die Farbe orange ist kein fröhliches Orange, eher bedrückend. Welche Bedeutung die weissen Blumen im Bild haben, habe ich (noch) nicht herausgefunden.
Was für ein Buch, ich bin begeistert (wie ihr auch), bedrückt, wütend und die Geschichte berührt mich. Ich finde den Lesestil als sehr einfach und bildhaft (Beispiel" …durchknetet die stickige Luft"). Allerdings frage ich mich, wieso die Autorinnen oft nach dem Einstieg einen Rückblick machen (“2 Jahre zuvor…”). Die Geschichte beinhaltet so viele Themen, die mich zum Nachdenken anregen oder eben auch wütend und hilflos machen. Beispiele:
Kinderarbeit (“Indien ist der grösste Kinderarbeitsmarkt der Welt”)
Kasten-Gesellschaft (Holy = Namens- und Religionsänderung wegen der Kasten-Gesellschaft)
Frauen und Bildung (“Bildung ist der Schlüssel zur Freiheit”, “in ihren Köpfen hat sich eine Tür geöffnet” oder "nur wenige der Lehrer sind bereit, mit Dalit-Kindern zu arbeiten)
Frauen als Freiwild (“Vergewaltigung ist eine Art Nationalsport”)
Frauen/Selbstverteidigung/Entwicklungshilfe (die “Rote Brigade” - und es gibt sie tatsächlich und wie selbstbewusst sie ist - “wir nehmen kein Geld, wir wollen keine Almosen!”)
Armut (“gefüllte Mägen waren ein schlagkräftiges Argument um zuzuhören”)
Trauer/Verlust/Liebe (“Ozean aus Angst, der Deich hat nicht gehalten”, “sich in der Ferne verlieren, um sich besser wiederzufinden”, “ihren Appetit hat sie schon lange verloren - an einem Nachmittag im Juli”, “Trauer ist ein unteilbarer Kummer”, “seit dem Unglück… ihr Kompass ist gebrochen” oder “sie und François hatten keine Kinder, aber sie hatten sich”)
Ankunft und Aufenthalt in einem fremden Land (“das Land fällt sie an wie ein tollwütiges Tier” und “Indien macht verrückt”, “Dalits ist die Peripherie der Menschheit”)
Léna nimmt den pädagogischen Auftrag sehr ernst, sie “möchte einen Samen pflanzen, der eines Tages auf geht und Früchte trägt”. Ich bin gespannt, ob ihr das gelingt. Ich bin auch gespannt, ob sie Lalita adoptieren wird und schliesslich nimmt mich wunder, was vor zwei Jahren in Frankreich passiert ist.