Autor: poet entnommen Magazin :Was liest du Jahrgang 2014. Ergänzungen und Beispieleinfügungen sowie Textänderungen zur Vervollständigung unseres Hauptgedanken von mir
Bei Literaturverfilmungen wird oft die Qualität des Filmes bemängelt, da das Buch besser war. Ein Plädoyer zukünftig auf diesen Vergleich zu verzichten!
Es ist gefühlt der meistgehörte Satz, nachdem man mit Freunden im Kino oder Zuhause eine Literaturverfilmung gesehen hat. «Das Buch war wesentlich besser als der Film.» Ich möchte euch meine Gründe darlegen, weshalb der Vergleich zwischen Buch und Film für mich keinen Sinn ergibt.
Buch und Film sind zwei völlig verschiedene Medien
Das Buch ist ein abstraktes Medium. Jedes Wort ist Stellvertreter eines Bildes, dass jeder einzelne sich individuell vorstellt. «Verfilmungen von Bücher scheitern für mich meist daran, dass die Bilder nicht meiner Vorstellung entsprechen.» Dieses Phänomen wird meist als Imagination der eigenen Vorstellungserwartung, die dann nicht erfüllt werden, bezeichnet.
Gleichzeitig ist das Buch ein intimes Medium, denn jeder Leser liest das Buch anders, stellt sich Figuren und Situation aufgrund persönlicher Erfahrungen, Erlebnisse und seines Unterbewusstseins anders vor. Das geschriebene Wort bleibt bestehen und man kann es immer wieder lesen. Filme dagegen können immer wieder neu gedreht werden. Ich denke da an die vielen unterschiedlichen Verfilmungen eines Klassikers: Die drei Musketiere von Alexandre Dumas.
Dagegen spiegelt der Film die Imagination einer bestimmten Gruppe, also Künstler, Regisseure, Autoren etc. und vor allem dem Zeitgeschehen wider. Diese Vorstellungen werden per bewegtem Bild übermittelt und sind für alle Filmbetrachter die gleichen. Dazu kommen Ton, Musik, Schnitt, Animationen und vieles mehr. Auch die Entwicklung der Tricktechnik, heute Animation genannt, spielt eine entscheidende Rolle für bestimmte Umsetzungen. Denkt an die Star Wars Saga! Die Vorstellungen des Autors (George Lucas) für die Episoden eins und zwei konnten erst Jahre später umgesetzt und auf die Leinwand gebracht werden, nachdem bestimmte Sachen auf dem Computer realisierbar waren – sprich, der technische Fortschritt um sich griff und in das Filmhandwerk mit eingriff.
«Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.», ein viel gesagtes und gelesenes Zitat im deutschsprachigen Raum. Der Autor dieses Zitats ist Kurt Tucholsky (1926), aber man streitet sich wohl immer noch darum, wer es zuerst gesagt, oder benutzt hat (siehe auch Wikipedia dazu).
In einem Buch kann eine einzelne Szene über mehrere Seiten beschrieben sein. Ein Zimmer oder eine Person können so detailliert beschrieben sein, dass wir sie förmlich vor uns sehen und trotzdem gehören diese Vorstellungen nur uns. Sie entspricht unseren eigenen Erwartungen (siehe oben).
Im Film kann eine Szene oder das Aussehen einer Person in einem Bild völlig anders sein. Denkt an die Personenbeschreibung in Harry Potter zurück, und dann die Schauspieler, die die Hauptfiguren wirklich gespielt haben,waren sie wirklich so beschrieben?
Wer grosse Freude an ausgiebigen Beschreibungen hat, wird vielleicht mit einem Film nicht den gleichen Genuss verspüren, wie jemand für den Bildsprache über alles geht. Ein gutes Beispiel zur Veranschaulichung wäre die Herr der Ringe Trilogie. Manche sagen, sie finden den Film toll, genauso wie das Buch. Manchen ist der Film zu langatmig oder sie können gar nichts mit den Filmen anfangen und sagen das Buch gibt ihnen bei weiten mehr. Es handelt sich also um eine persönliche Geschmacksfrage, welches der Medien man favorisiert.
Der Faktor Zeit
In einem Film wird die Handlung eines Buches verdichtet dargestellt. Für viele hundert Seiten eines Buches sind im Film nur ein bis zwei Stunden Zeit übrig. Handlungsnebenstränge und Nebenfiguren werden verkürzt dargestellt oder müssen ganz und gar weggelassen werden, um der Komplexität der Hauptfigur(en) gerecht zu werden.
Der Film ist ein unabhängiges, ganz eigenes Medium und damit stilistisch gesehen immer anders als das Buch. Manche behaupten sogar: «Der Film ist eine unabhängige Kunstform.» Wenn für einen Film ein Buch als Vorlage verwendet wird, kann das Buch nur als eine grobe Schablone dienen oder man entwickelt eine ganze Serie daraus: wie z.B. Game of Thrones, die wohl, als die Serie in die Filmgeschichte eingehen wird: «bis zur 6 Staffel toll… Danach frei erfundene Geschichte, wo weder der Plot noch die Handlung der Personen in das Genre passen und schon gar nicht mehr mit dem Buch vereinbar sind.» Gerade das Ende der Serie enttäuscht viele Fans der Bücher und des Fantasy – Mittelalter – Spektakels. Ach so, Urheber der mehrteiligen Geschichte ist George R.R. Martin - Das Lied von Eis und Feuer. Nur wer die Bücherserie lesen möchte.
Wie stark sich ein Film am Buch orientiert, hängt von Verhandlungen zwischen Autor und Filmemachern oder von sogenannten Copyrights ab. Viele Buchfans sehen Veränderungen als Qualitätsverlust an. “So war das aber nicht im Buch”, hört man es dann echauffiert von allen Seiten. Die Umstände für Unterschiede zwischen Buch und Film können ganz unterschiedlich sein. Vielleicht liegt es am Budget, an den Möglichkeiten bzw. der Schwierigkeit der filmischen Umsetzung oder am persönlichen Geschmack der Filmemacher. Im Fall von Forrest Gump verhält es sich beispielsweise so: «Die Buchvorlage ist ein eher mässiges Buch, von schlechter Sprache und ohne Spannungsbogen. Aber aus der Idee haben die Produzenten einen hervorragenden Film gemacht.» Das heisst, die Filmemacher haben in diesem Buch eine Geschichte oder eine Idee gesehen, die es Wert ist, erzählt zu werden und in Bildsprache umgesetzt werden kann. «Viele Stellen aus dem Buch wurden weggelassen, viele neue Stellen wurden hinzufügt. Viele wissen nicht, dass es für diesen Film eine Buchvorlage gibt, nur wenige haben sie gelesen.» Gerade diese Art der Umsetzung im Film stösst meist auf Kritik und nicht Anerkennung. Statt einfach in dem Film eine Chance zu sehen, das Buch neu zu entdecken. Letzten Sonntag nahm ich an einem Konzert teil, bei dem Werke von Beethoven neu interpretiert wurden. Jetzt könnt ihr sagen «Beethoven ist tot und nicht mehr relevant», aber ich habe dabei Entscheidendes gelernt. Es kommt auf den Blickwinkel an: Wenn man diese Interpretation unter den Gesichtspunkt seines Hörvermögens und seiner Erfahrung mit Beethoven Werken vergleicht, war das Konzert schlecht, absolut übel - kein Beethoven. Wenn man es aber als etwas Einzelnes von seinem Hintergrund gelöstes betrachtet, spielte der junge Mann ausgezeichnet Klavier und die Musik war sehr melodiös und mitreissend – fast ein Beethoven. Übertragen auf den Film-Buch-Vergleich: Wenn die Buchvorlage nicht bekannt ist, beschwert sich niemand über die mangelnde Qualität des Filmes, da der Film als eigenständiges Kunstwerk betrachtet wird, wie es im Normalfall sein sollte.
Der Vergleich zwischen Buch und Film lässt sich letztlich kaum vermeiden. Zwei Medien, die ein und denselben Stoff auf ihre Art und Weise behandeln. Aber vielleicht kann man die Qualität eines Filmes anhand von Filmkriterien beurteilen, anstatt ständig auf das Buch zu verweisen. Denn für Buchliebhaber gilt ohnehin: «Nichts geht über ein gutes Buch!»