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Miggy62

  • 4. Juli 2024
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  • 577 Punkte
  • Ich habe den Tag 1 ebenfalls durchgelesen. Es liest sich relativ leicht - aber das ist auch das einzig Positive was ich sagen kann. Ich finde das Buch bisher leider nur fürchterlich…

    Am meisten stört mich die perverse Obsession des Autors mit einer menstruierenden Frau - ich finde das persönlich widerlich; und diese Fixierung darauf insbesondere durch einen männlichen Autor ist absolut verstörend. Auch der Umgang von Nina mit diesem Umstand ist in meinen Augen völlig unrealistisch - keine Frau die ich kenne oder mir vorstellen kann würde sich je so verhalten. Und auch Drogenkonsum als Begründung scheiden für mich aus, denn dann wäre Nina wohl gar nicht in der Lage sich darum zu kümmern (immerhin versucht sie ja, mit Hilfe von Papier etc. Abhilfe zu schaffen).

    Bemühend finde ich auch diese Aneinanderreihung von Klischees - es kommt mir vor, als würde der Autor auf seiner Checkliste “wie schreibe ich ein modernes ‘Roadmovie’” eine Box nach der anderen abhaken: Protagonist mit Drogenpoblem - check. Ein paar Nazi-Anspielungen mit dem Wehrmachtsdolch, damit man an sich zweifeln kann - check. Zeitgeist treffen durch ein bisschen spielen mit Gender-fluidity - check. Tochter aus gutem Hause macht steile Karriere und bleibt aber immer ganz fest rebellisch im Herzen - check. Unterschwellige persönliche Probleme durch gespanntes Verhältnis zum Vater - check. Abgefucktheit und no future Stimmung transportieren durch permanent unfertige Sätze und whatever nach jedem dritten Gedanken - check. Ich finde das alles furchtbar vorhersehbar und langweilig.

    Nach einem Drittel des Buches fehlt mir noch immer die Handlung - um was geht es denn nun wirklich, wir sind ja immernoch auf der Anreise - genauso wie mir Protagonisten mit erkennbaren Konturen fehlen. Es gibt vereinzelt Andeutungen auf interessante Personen / Charakterzüge, aber spätestens nach dem nächsten whatever löst sich das wieder in Luft auf. Spielt der Fahrer nun eine Rolle oder nicht? Warum genau ist die Beziehung zum Vater so schwierig? Die Ansätze sind interessant, aber der Schreibstil nimmt mir eigentlich die Lust, das herauszufinden (sofern es denn überhaupt eine Auflösung dazu gibt). Auch die in kursiv gesetzten inneren Dialog von Nina - meistens mit Tom, aber ich glaube nicht ganz immer - tragen bisher noch nicht dazu bei, die Figuren im Buch lebendiger werden zu lassen. Oftmals erscheinen mir die Passagen unzusammenhängend - ist das nun das drogenvernebelte Hirn, steckt da ein tieferer Zweifel an sich und der eigenen Umwelt dahinter, wie werden diese inneren Dialoge von Nina überhaupt wahrgenommen?

    Auf dem Umschlag steht “Tom Kummer schreibt mit einer ungeheuren sprachlichen Zärtlichkeit.” - davon konnte ich bisher nicht im geringsten etwas spüren. Ich lese hier etwas, das zwar durchaus flüssig zu lesen ist, keine Frage, aber für mich kommt hier nur sprachliche Beliebigkeit rüber, die Lektüre lässt mich bisher sehr emotions- und ratlos zurück. Leider, muss ich sagen, ich habe mir von diesem Buch sehr viel mehr erhofft. Möglich, dass es einfach nicht mein Stil ist und ich das Buch halt “einfach nicht verstehe” - allerdings habe ich schon die Erwartung, dass ein zeitgenössischer Roman für eine durchschnittlich interessierte Leserin auch ohne tiefe Beschäftigung mit allen Details zugänglich sein sollte.