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Der freie Fall ist eine gute Metapher für den Ort, an dem sich die Hauptfigur, Prometheus, in der Zeit nach dem Tod seines besten Freundes befindet. Das Buch beginnt mit seiner Flucht Richtung Norden, und wir begleiten ihn auf seiner Heldenreise sowie in seinen Gedanken, Selbstvorwürfen und Erinnerungen. So erfahren wir, wie es zum freien Fall in der Gegenwart gekommen ist.
Was das Buch lesenswert macht, ist die sprachliche Fähigkeit Jasmin Schreibers, die Fehlbarkeit der Menschen sowie die Themen der Schuld, des Gewissens und des Weiterlebens ungeschönt und gleichzeitig liebenswürdig auszubreiten. Ich mag die direkte Sprache und wie sie den Charakteren in Dialogen, Gedanken und Bildern scheinbar nebenher Persönlichkeit verleiht – von bestechender Einfachheit.
Etwas spannender wird es vor allem im zweiten Teil des Buches. Bis zur Hälfte ist es die etwas langatmige Geschichte eines erfolgssüchtigen, leicht infantilen Mitt-Dreißigers, bei dem zum ersten Mal im Leben etwas gründlich schiefgeht und der in seiner Verzweiflung erst mal verschwindet. Er landet auf dem Ponyhof zweier naturverbundenen Frauen, denen Schuld und Sühne nicht unbekannt sind. Die Tiere werden als Ressource skizziert, die wenig über die “Menschlein” nachdenken, höchstens, dass deren Verhalten unverständlich und auch nicht wichtig sei.