Der Ich-Autor versucht von klein auf der Enge und dem Schweigen der Heimat zu entfliehen, interessiert sich für Fragen, auf die die Umwelt keine Antwort weiss oder wissen will. Er wächst inmitten dieser abgeschlossenen Welt in einem liebevollen Elternhaus auf. Die humorvolle Oma meistert ihr Schicksal mit Herz und Humor, der sowohl Familie wie das triste, verschlafene Dorf erheitert und tröstet. Die teils verschrobenen und groben Nachbarn sind einfach gestrickt, jeder weiss alles über jeden. Und über allem thront die Religion, der wöchentliche Kirchgang ist ein Muss. Beten, Arbeiten, Leben ist die Devise, nichts hinterfragen, alles als gottgegeben ansehen. Unzucht oder Sex ist tabu, auch im ausgehenden 20.Jahrhundert. Davon und darüber redet man nicht, und wenn, dann wird es nicht geglaubt, als Lüge hingestellt. Aber sie kennen das Leben, wissen, dass man seinem Schicksal nicht entfliehen kann und wenn, dann schweigen oder dieses im Alkohol ertränken.
Der Erzähler ist von klein auf belesen, schreibt Tagebücher, liebt Karl May, aber fügt sich der Religion, bemüht sich um gute Noten in diesem Fach und verdient sich ein Taschengeld auf Friedhöfen. Bei einem dieser Anlässe stösst er auf das “schwarze Schaf” der Familie: Jean, den Bruder der Oma. Er will mehr darüber erfahren, bricht ins Archiv ein und wird vom Gymi gechasst. Nicht schweisstreibende Arbeit verrichten nur “Dummköpfe” bekommt er vom Vater zu hören, als er sich als temporärer Schafhirt anheuern lässt. Dort wird er sprichwörtlich zum Mann, auf sich allein gestellt, lernt eine temporäre Kuhhirtin kennen und lieben. Danach will er ausbrechen, sucht eine Wohnung oder ein Zimmer, findet diese:s in einer Villa bei einer alten, vornehmen Madame. Für diese macht er Botengänge und putzt die Villa, ihre Annäherungsversuche schlägt er aus (Standesdünkel), bis er sie in seinem Zimmer beim Schnüffeln in seinem Tagebuch erwischt. Von da an ändert sich alles, das Rätsel “Jean” ist nahe daran gelöst zu werden; zwischen beiden entwickelt sich eine Art Freund- und Seelenverwandtschaft.
Ein Roman, der mir Wallis näher gebracht hat, der sich wie ein Film liest. Kernige Charaktere, kleine Menschen in der grossen Natur, hilflos, ergeben und doch zäh. Bietet viel Denkansätze. Spannend, klar und humorvoll.