Wer sich mit wachem Geist und Unvoreingenommenheit auf “Nachtblaue Blumen” einlässt, wird mit einem einzigartigen Buchinhalt belohnt: Alexander Kamber hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Aufzeichnungen einer namenslosen Patientin der Pariser Salpêtrière zu übersetzen und zusammenzustellen. Das Konvolut dieser Dokumentationen zeichnet ein Bild voller Rätsel, Verwirrungen, poetischer Anekdoten und absurden Momenten, die sich hauptsächlich in der Nervenheilanstalt abspielen (wobei nicht klar ist, welche Teile zum übersetzten Original gehören und welche Kambers Feder entspringen). Bis zum Schluss bleiben viele Fragen offen, die sich im Verlauf der Lektüre mehren - die Einführung des Autors hilft hier nicht weiter. Womöglich liegt darin aber gerade der mysteriöse Reiz des Buches: Interpretationsräume werden geöffnet und regelmässig bringt das Buch zum Nachdenken über die vermeintlichen Hysterikerinnen, über Gerechtigkeit, Menschenwürde, Wahrheit und Illusion.