Die Zukunft in diesem Buch ist so nah, dass ich manchmal dachte, wir seien heute technisch bereits weiter als in Aldermans Welt. Die Zukunft ist so nah, dass die Realität die Dystopie teilweise fast überholt haben.
Teilweise wurde auf reale Ereignisse angespielt wie die COVID19-Pandemie. Dann wurde es wieder mit fiktiven religiösen Sekten oder Ereignissen, wie der Fall von Hongkong, aufgepeppt. Diese reale Dystopie ist schwierig zusammenzubringen, weil ich als Leser nie sicher war, ob ich meine Erfahrung der Welt auf die Geschichte anwenden darf oder nicht.
Die Charaktere bleiben ein Clichee. Keiner von ihnen überrascht wirklich. Die drei mächtigsten CEO sind alles unsympathische Prepper. Die Survival-Influencerin ist badass und überlebt alles ohne grosse Mühe. Die Woken sind liberale Weltverbesserer und wenn die Guten die Macht haben, kommt bestimmt alles gut.
Besonders gestört hat mich die Darstellung der religiösen Sekte. Diese wurde hauptsächlich positiv porträtiert, obwohl die Protagonistin aus der Sekte geflüchtet ist. So fühlen sich grosse Teile der Geschichte an wie eine Sekten-Predigt. Bibelgeschichten werden nacherzählt, neu interpretiert und recht abstruse Lehren daraus gezogen. Das alles wird mit einer unfehlbaren Arroganz gepredigt, als ob die Schlüsse eindeutig sind und alle diesem Gedankengut anhängen sollten. Leider machte das einen grossen Teil des Buches aus, sodass ich die ganze Story nicht geniessen konnte.
Ich habe in der BookCircle Lesegruppe gelesen. Trotz der Diskussion ist mir nicht klar geworden, welches Hauptthema Alderman hier beschäftigt hat. Die Hauptbotschaft ist bei The Future leider in der Kakofonie zu vieler sich streitender Ideen verloren gegangen. Als Plot-getriebene Geschichte ist der Roman zu langatmig, als Charakter-getriebene funktioniert er nicht, weil die Figuren sich nie wirklich menschlich anfühlen.
Wer anspruchsvolle Dystopie mag, ist mit Klassikern wie Dune, 1984, oder A Brave New World besser bedient. Wer einen pseudo-anspruchsvolle Dystopie mit Tech-Setting mag – und sich gerne mit religiösen Ideen herumschlägt – könnte The Future mögen.