Der Student Neil bewundert seine Dozentin Elizabeth Finch. Nach ihrem Tod versucht er, diese souveräne und skurrile Frau zu verstehen. Sie ist aus der Zeit gefallen, hat ihn als Mentorin aber stark geprägt. Neil möchte ihr Denken nachvollziehen und herausfinden, wer sie war.
Dabei merkt er, dass das kaum möglich ist. Wie soll man aus den widersprüchlichen, verstreuten Eindrücken einer Person eine zusammenhängende Lebensgeschichte formen, wie das Biografien tun? Können wir Menschen überhaupt kennen?
Neils Tonfall ist frotzelnd, er spricht die Leser*innen direkt an und korrigiert seinen Text, wie wenn er direkt schreiben würde: “Nein, Streichen Sie das wie.” Schon damit hatte ich etwas Mühe. Dazu kommt, dass der gesamte mittlere Teil des Romans ein Essay über Julian Apostata ist, einen frühchristlichen Kaiser. Die Rezeption dieser Figur in Pamphleten, Theaterstücken und Gedichten aus den letzten zweitausend Jahren wird nachgezeichnet, inklusive zahlreicher Zitate. Das fand ich ermüdend und etwas gesucht.
Ich konnte mit dem früheren Roman Der Lärm der Zeit deutlich mehr anfangen, aber andere Leser*innen könnten Elizabeth Finch bestimmt mögen.