Zu Beginn hatte ich etwas Mühe, aber am Ende wollte ich nicht, dass das Buch schon aufhört.
Julia Weber erkundet die Vermengung von Alltag und Kunst und die ganz körperliche Vermengung von sich mit ihren Kindern, besser gesagt die Vermengung der autofiktionalen Ich-Erzählerin Julia mit deren Kindern. Das Buch beginnt, als die Erzählerin Julia mit dem zweiten Kind schwanger wird, und er endet, als dieses Kind sprechen lernt und das ältere Kind sich langsam loslöst, ein eigenes Individuum wird.
Weber beschreibt in einer poetischen, feinen Sprache, wie sich der Körper der Erzählerin Julia verändert, wie sie alles um sich herum wahrnimmt, was sie erlebt, mit wem sie spricht, wem sie Briefe schreibt, was sie denkt. Das Buch ist nicht einfach eine Autofiktion, sondern eben eine Vermengung: Die Figuren des Romans, den Weber schreiben wollte, werden ebenso hineingetragen wie der persönlich erlebte Alltag. Es geht also um die Entstehung eines Romans, der dann gar nicht in dieser Form entsteht, sondern eben als Vermengung. Und das ist Webers Errungenschaft, eine solche Vermengung, die in höchstem Masse literarisch ist.
In der Vermengung befinden sich wunderbar liebevolle Alltagsszenen - die eine sanft humorvolle Seite haben, weil sie sich nicht zu ernst nehmen. Weber kann in ein paar Sätzen einfangen, wie in einer alltäglichen Situation plötzlich grosse Gedanken und Gefühle auftauchen. Zum Beispiel spielt die Erzählerin Julia mit ihren Kindern Verstecken und denkt plötzlich daran, dass sie die Kinder beschützen möchte und wie sehr sie sie liebt. Oder sie streitet mit ihrem Mann über den Kompost, kurzes Aufflammen von Gereiztheit, dann ist wieder gut.
Mit den Szenen, in denen die Figuren des Romans agieren, konnte ich nicht so viel anfangen. Vielleicht habe sie einfach zu wenig verstanden, mich zu wenig mit ihnen befasst. Aber mir fehlte irgendwie eine Einführung dieser Figuren, ich konnte sie nicht kennenlernen, sie sind einfach immer wieder aufgetaucht und bleiben vage.
Ich mochte die anderen Szenen lieber, die Alltagssituationen, die Gespräche und Briefe. Sie machen Mut, dass Alltag und Kunst beide gewinnen können, wenn sie vermengt werden.