Es habe rhythmische lange Sätze, heisst es auf dem Buchdeckel, und tatsächlich sind die Sätze lang, wenn man sich mal darauf achtet; manchmal ist ein ganzer Abschnitt oder eine ganze Seite ausgefüllt von nur einem einzigen Satz - aber das fällt einem gar nicht auf beim Lesen, weil die Sätze meistens nicht kompliziert und verschachtelt sind, sondern einfach aneinandergereiht werden, sie plätschern vor sich hin, wie wenn jemand erzählen würde.

Und Rebecca Gisler erzählt in ihrem Debutroman von Geschwistern, Bruder und Schwester, die aus der Schweiz zu ihrem Onkel in die Bretagne ziehen. Alle drei sind ein bisschen neurotisch, der Onkel ganz besonders. Er ist eigentlich die Hauptperson des Romans, seine Nichte und sein Neffe umkreisen ihn und ergründen gemeinsam seine Eigenheiten. Dazu gehört vor allem Nachlässigkeit. Es ist also eine skurrile Wohngemeinschaft mit dreckiger Toilette und vielen verstaubten Antiquitäten, die noch von den Vorfahren herumstehen. Es ist aber auch eine liebevolle Wohngemeinschaft, deren Mitbewohner*innen aufeinander achtgeben.

Der Roman ist zuerst auf Französisch erschienen, Gisler hat ihn dann selbst auf Deutsch übersetzt, sie hat sogar an den beiden Versionen parallel gearbeitet. Der deutsche Text (den ich gelesen habe) fügt sich deshalb sehr gut in die bretonische Umgebung ein, eine schweizerisch-französische Mischung entsteht. Es ist ein kurzer Roman, nur gut 130 Seiten, aber präzis beobachtet, poetisch geschrieben und in seinen kleinen Absurditäten amüsant erzählt.