Colson Whitehead ist die Stimme der schwarzen Unterschicht Amerikas, auch in diesem Buch. Die Geschichte des braven und strebsamen jungen Schwarzen Elwood, der durch einen dummen Zufall in einem gestohlenen Auto aufgegriffen wird, und in einem Erziehungsheim landet, ist spannend erzählt. Und typisch für diesen Autor: Ganz subtil erfährt der Leser, wie willkürlich die Justiz, die Gerechtigkeit und das Verhältnis zum Staat von der schwarzen Unterschicht empfunden und erlebt wird. Erlebbar wird auch, wie auf Grund der an Fakten genährten Geschichte die Missstände in diesen Erziehungsheimen gewesen sein müssen, die im Strafvollzug Minderjähriger geherrscht haben müssen. Den Allmachtsfantasien sadistischer weisser Wärter waren keine Grenzen gesetzt. Missbrauch und Gewalt an Jugendlichen: Will man das Lesen? Ja, in diesem Buch schon, denn die “Nickelboys” bestechen auch durch Kameradschaft und Loyalität, dem Autor gelingt es, auch der verlorenen Schicksalsgemeinschaft in einer ausweglosen Situation leuchtende Augenblicke der Menschlichkeit und Solidarität zuzuschreiben. Einerseits eine Anklage gegen das Justizsystem, das diesen Vollzug duldete, gegen die gutbürgerlichen Fassaden, die das Grauen erahnt haben müssten, gegen die Behörden, die mehr als einmal weggeschaut haben, aber auch eine tragische Geschichte rund um den grossen Traum vom gesellschaftlichen Aufstieg.