DrQuinzel Der erste Abschnitt hat mich vor allem wegen des Magiesystems neugierig gemacht. Die Idee, dass zwei Personen gemeinsam wirken müssen, finde ich spannend, weil es das Gleichgewicht zwischen Macht und Abhängigkeit betont. Gleichzeitig irritiert es mich, wie gross der Unterschied in der Anerkennung ist. Wenn beide denselben Rang tragen, aber nur die Magier ins Zentrum gestellt werden, wirkt das wie ein bewusst konstruiertes Ungleichgewicht. Tiefer gestellte Quellen würden für mich allerdings keinen Sinn ergeben – gerade weil die Magie ohne sie überhaupt nicht existieren kann. Für mich fühlt es sich eher nach politischer Inszenierung an: Man gibt offiziell Gleichwertigkeit vor, aber lebt sie ganz anders.
Grey und Kier wachsen mir langsam ans Herz, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Grey hat etwas Zurückhaltendes, fast Kontrolliertes, das sie gleichzeitig verletzlich und stark macht. Bei Kier gefällt mir seine ruhige Art, die in Konflikten eine überraschend stabile Basis schafft. Beide wirken noch nicht vollständig greifbar, aber ich mag diese sanfte Annäherung an ihre Persönlichkeiten.
Was das bekannte Motiv der „verborgenen Macht“ betrifft: Normalerweise bin ich schnell genervt, wenn sich eine Hauptfigur unerkannt durch die Handlung bewegt und später als besonders bedeutend entpuppt. Hier funktioniert es für mich aber überraschend gut, weil Grey nie in einer überhöhten Art dargestellt wird. Es fühlt sich eher so an, als würde sie eine Rolle ablegen, anstatt plötzlich aufzublühen. Das nimmt dem Klischee die Schwere.
Sela ist für mich bisher die rätselhafteste Figur. Ihr Verhalten wirkt teilweise widersprüchlich, und gerade deshalb frage ich mich, ob sie bewusst in eine Rolle schlüpft, die ihr Schutz bietet. Dass sie sich als jemand ausgibt, der sie nicht ist, könnte ein Versuch sein, sich in einer feindlichen Welt überhaupt am Leben zu halten – oder sie verfolgt etwas, das wir noch nicht einschätzen können.
Die Karte am Anfang hat mir nur bedingt geholfen. Sie gibt einen groben Überblick, aber bestimmte Wegstücke und Orte hätte ich gerne deutlicher verzeichnet. Trotzdem ist sie ein nützlicher Anker, weil man sich so wenigstens ein Bild von den Regionen machen kann.
Was Greys Geheimnis betrifft, habe ich das Gefühl, dass es viel grösser ist als nur ihre Identität. Immer wieder schimmert durch, dass sie mehr weiss, als sie zeigt – besonders, wenn es um Locke geht. Ich könnte mir vorstellen, dass sie den Untergang der Insel entweder miterlebt oder sogar beeinflusst hat, vielleicht ohne es selbst vollständig zu begreifen.
Beim Titel habe ich mehrere Vermutungen. Eine Möglichkeit wäre tatsächlich, dass Grey selbst am Ende ihr Leben verliert – und damit der symbolische „zweite Tod“ von Locke eintritt. Es könnte aber ebenso gut eine metaphorische Bedeutung haben: ein endgültiger Bruch mit der Vergangenheit, der das alte Locke ein zweites Mal auslöscht. Vielleicht steht der Titel sogar für etwas oder jemanden, den wir noch gar nicht richtig bemerkt haben.
Alles in allem hat mich der erste Teil noch nicht restlos überzeugt, aber er lässt so viele Fragen offen und baut so viel Potenzial auf, dass ich unbedingt weiterlesen will.