Ich fand den dritten Teil recht abwechslungsreich; endlich ist mal was passiert…
Den Einschub mit der Geschichte von Julie finde ich allerdings nicht so passend. Es scheint fast, als ob da etwas gefehlt hätte, damit man die Geschichte von Sara versteht, und dann musste da noch ein extra Erklärungskapitel zu Julie rein. Es hätte mir besser gefallen, wenn wir dieses Wissen über Sara hätte erlangen können. Aber spannend ist es natürlich, und erschreckend.
Es war ja bereits klar, dass es mit den Träumen mehr auf sich hat, als dass Sara sie einfach hat und aufschreibt. Aber dass eine Firma direkt Einfluss auf Träume nimmt, das hatte ich so nicht erwartet. Das scheint mir auch das Element in der Geschichte, das noch am wenigsten glaubwürdig ist (hoffe ich auf jeden Fall).
Ich finde die Idee spannend, die Geschichte ein paar Jahre in der Zukunft spielen zu lassen, ohne dass alles gleich Science Fiction-mässig daherkommt. Viele Sachen scheinen einfach eine fortgeschrittenere Version von Dingen / Tools, die wir heute schon haben. Was mit der Datenspur passiert, die wir ständig hinterlassen, ist allerding (hoffentlich) noch Zukunftsmusik (ich denke aber nur ein paar wenige Jahre). Schon jetzt kennt uns das Internet besser als wir selbst.
Was ich aber schon sehr beängstigend finde, ist das AfR (Amt für Risikobewertung). Die Anfänge davon existieren ja bereits: Z.B. hinsichtlich Terrorismusbekämpfung: «So können die schweizerischen Behörden Vermögenswerte unverzüglich sperren, wenn der Verdacht auf Terrorismusfinanzierung besteht.» (Website EDA). Das scheint uns heute wichtig und richtig. Aber wenn man mittels Technik und Daten (wie im Buch die Traumanalyse) mehr über Personen erfährt, hat man irgendwann vielleicht auch eine bessere Risikobewertung für anderes als Terrorismus. Es scheint mir schon ziemlich beängstigend, dass es irgendwann nicht mehr heisst: Im Zweifel für den Angeklagten.
Zwei Abschnitte, die ich mir speziell markiert hatte:
S. 273 oben(über Julie): «Alles was Menschen sagen oder tun, lässt sich auf tausend verschiedene Arten quantifizieren. Je häufiger sie menschliche Verhaltensweisen durch lineare Regressionsmodelle abgebildet sah, umso stärker wurde ihre Überzeugung, dass sie nicht weiser als diskrete Kombinationen von Daten sind.» Dieses Vorgehen ist zwar auch mein eigener Job, aber ich habe Menschen noch nie als determiniert wahrgenommen. Dafür waren wir (bisher) zu komplex, bzw. die Datenmenge zu limitiert und die Modelle zu schlecht. Ich erwarte, bzw hoffe nicht, dass sich das so schnell ändert.
S. 234-235 (Sara erkennt einen neuen Weg für sich): «Doch etwas in ihr hat sich verändert, wird ihr klar, als sie in der Schlange steht. Der Schmutz und Gestank ihrer Uniform, die auch nach dem Duschen alles überdecken, lassen sie ihre Situation plötzlich ganz klar sehen, ihre falschen Hoffnungen, ihre sturen Fehlannahmen. Sie war seit dem absurden Beginn und durch alle darauffolgenden Verzögerungen hindurch so stark auf ihren Fall konzentriert, dass ihr entgangen ist, wie viel sie mit den anderen Einbehaltenen gemein hat. Nicht nur den Kampf um die Freiheit und die Wut auf alberne Regeln, sondern auch die Verletzlichkeit, die dieser Ort in ihnen allen zum Vorschein gebracht hat, und sie erkennt, dass sie sich ihre Verletzlichkeit eingestehen muss, wenn sie im Umgang mit den andere nicht länger heucheln, sondern auf die neuen Freundschaften bauen will.»
So, jetzt mach ich mal fertig…