Auch ich bin zwischenzeitlich am Ende des zweiten Teils angelangt. Meine anfängliche Meinung konnte der zweite Teil nicht ändern. Nach wie vor überzeugt mich Skördemans Roman nicht.
Im letzten Kapitel des ersten Teils (Kapitel 17, S. 161) wird der Bombenanschlag aus der Sicht eines der Opfer beschrieben. Dieses Kapitel steht ein bisschen allein im Raum da. Ich hoffe, der Autor stellt im letzten Teil eine Verbindung her, damit dieses Kapitel einen Sinn ergibt.
Aus der Sicht von Sara wird weiterhin am meisten berichtet. Erhielten wir anfangs noch ein Einblick in die Gedankenwelt von Nebenfiguren, so konzentriert sich das Buch nun auf Figuren von Agneta und Sara und erzählt aus deren Perspektiven. Das finde ich sehr schade. Das Buch hätte mehr Tiefe erhalten, wenn Nebenfiguren weiterhin zu Wort gekommen wären. Beispielsweise hätte sich der Teil, wo Sara nochmals im Camper mit der deutschen BND sprach, angeboten, dessen Sicht zu veranschaulichen. Das hätte auch geholfen, der geschichtliche Hintergrund besser zu verstehen.
Je länger ich das Buch lese, desto mehr habe ich auch das Gefühl, dass der Autor sehr oberflächlich recherchiert und seine Geschichte “zusammengeschustert” hat. Das Buch will mehr gefallen und ist effekthascherisch, als informativ und logisch. Das Buch strotzt weiterhin von Unstimmigkeiten. Als Beispiel nochmals den Teil mit Sara und dem Camper: Ich habe nicht verstanden, weshalb Sara nicht angemerkt hat, dass Agneta verschwunden ist. Auch wenn die BND das aus den Nachrichten bereits wüsste, so müsste eine Diskussion über Agnetas Verschwinden in diesem Teil stattfinden.
Ein weiteres Detail, das mir auffiel: Sara hat den Freier Johan Holmberg nicht auf die Rechte des Beschuldigten hingewiesen, so wie es in jedem Kriminalfilm oder Roman von Polizisten gemacht wird. Das Geständnis von Holmberg wäre also unverwertbar. Klar kann man sagen, dass ist nur ein Detail, das nicht stimmt. Aber genau diese Kleinigkeiten machen für mich einen guten Roman aus.
Ich lese gerne die Krimis über Bruno - Chef de Police von Martin Walker. Martin Walker ist ein schottischer Historiker und in seinen Krimis löst Bruno Fälle mit einem wahren geschichtlichen Hintergrund. Da Walker diese Hintergründe gut recherchiert hat, kann er die historischen Ereignisse verständlich erklären. Bei Skördeman habe ich eher das Gefühl, er begnügt sich mit dem gängigen Halbwissen über den kalten Krieg und versucht darauf seinen Thriller aufzubauen. Dazu noch eine Prise vom Nah-Ost-Konflikt, weil dieses Thema aktuell ist und sich bestens eignet. Das ist meiner Meinung nach einfach zu viel des Guten und führt dazu, dass das Buch nicht in sich konsistent ist.
Dasselbe Problem habe ich auch mit dem Teil über die Prostitution. Ich finde das Thema sehr sehr spannend und auch der schwedische Weg ist in dieser Hinsicht sehr interessant. In der Schweiz und auch in anderen europäischen Ländern wird eine viel liberalere Haltung bezüglich Sexarbeit vertreten. So hat bspw. das Bundesgericht auch erst kürzlich einen Prostitutionsvertrag als nicht mehr unsittlich, sondern gültigen Vertrag beurteilt. Eine Sexarbeiterin kann den Freier auf Bezahlung des Sexlohnes verklagen. In Schweden würde dies nicht gehen, weshalb Sexarbeiter:innen in dieser Hinsicht schlechter gestellt sind. Sara als intelligente Frau müsste doch wissen, dass Prostitution in anderen Ländern als legal angesehen wird. Skördeman versucht meiner Meinung nach etwas als unglaublich schlimm darzustellen, was in Wirklichkeit viel differenzierter zu betrachten ist. Er beleuchtet das Thema viel zu einseitig. Er lässt - bis auf Eva - die Prostituierten nicht zu Wort kommen. Sie alle machen ihren Job mehr oder weniger unfreiwillig und wollen die staatliche Hilfe nicht in Anspruch nehmen. Er pauschaliert aber auch die Männer, sind es doch immer über 50-jährige, weisse “Grobiane”. Will er wirklich das Thema in seiner Tiefe beleuchten und die Problematik dahinter aufzeigen, dürfte er nicht nur Sara zu Wort kommen lassen.
Mein Zwischenfazit: Skördeman’s Thriller ist meiner Meinung nach zu effekthascherisch und sehr oberflächlich und schlecht recherchiert. Er versucht zu viele Themen reinzupacken, ohne sie wirklich vertieft und umfangreich beleuchten zu können. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.