Fanny Es ist tatsächlich eingetreten, was ich nach dem zweiten Abschnitt befürchtet, aber nicht wirklich erwartet hatte: Nach Beenden dieses Romans bleibe ich eher etwas enttäuscht zurück. Die zu Beginn dermassen fesselnd aufgebaute Geschichte um Ariks Unfalltod, für den reflexartig und fälschlicherweise der arabische Arbeiter verantwortlich gemacht wurde, wird meines Erachtens nach nicht zu Ende erzählt. Alle später eingeführten Personen spielen darin eigentlich gar keine wirkliche Rolle. Wie intensiv wurde beispielsweise Juval, Naomis und Uris Aufenthalt in Saids Familie geschildert, als sie ihn nach der Rettung vor dem israelischen Mob in sein arabisches Dorf zurückfuhren. Und doch kam bis zum Schluss, abgesehen von Tarek, niemand mehr aus dieser Familie vor!
Keine Frage, Gundar-Goshen kann wunderbar erzählen, aber sie hat für mich vor allem Geschehnisse aneinandergereiht, leider jedoch nicht wirklich miteinander verwoben. So schade.
Um Fanny‘s Frage zu beantworten: Nein, ich kann bei Naomi keine wirkliche Entwicklung erkennen. Die letzte Szene sagt doch nur eines aus: Juval und sie sind weiterhin zusammen. Sie ist wieder schwanger. Und nichts spricht dagegen, dass sie sich auch mit ihrem zweiten Kind wieder länger in ihre Milchblase zurückziehen wird.
So nachvollziehbar die Flucht nach Nigeria war, empfinde ich das gesamte Geschehen dort eher als Lückenfüller. Weil die Autorin so interessant erzählen kann und ich ihr seit dem fesselnden Beginn so viel zutraute, bin ich allen ihren Schilderungen gespannt gefolgt. Im Nachhinein betrachtet kommt es mir jedoch so vor, als ging es in dem umfangreicheren Nigeria-Abschnitt einzig darum, den dramatischen Höhepunkt mit Naomis verständlicher Angst um Uri herbeizuschreiben. Mit der Anfangsszene hatten jedoch weder ihre Bekanntschaft mit Ayobami oder Dana Azoulay noch Juvals und Nogas frühere Liebesgeschichte wirklich etwas zu tun.
Was den Titel ‚Ungebetene Gäste‘ betrifft, bleibe ich bei meiner ersten Überlegung, dass man hier jeden als ungebetenen Gast betrachten kann. Gleichzeitig werde ich den Eindruck nicht los, dass Gundar-Goshen selbst gar nicht richtig wusste, was sie eigentlich schreiben wollte, und dass dieser Titel eher ein vom Verlag gefundener ist, den er genau so, wie von mir formuliert, begründen würde. Oder habe ich etwas übersehen?
Puh, meine Enttäuschung ist wohl spürbar. Ich habe bewusst noch keine andere Meinung über dieses Buch gelesen. Das werde ich jetzt aber neugierig nachholen, und vielleicht werdet ihr mir ja alle aufzeigen, wie falsch ich gerade liege?!