Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit solchen Definitionen von Klassik nicht viel anfangen kann, besonders, wenn sie dann auch extrem eng gedeutet werden, was im deutschen Sprachraum eindeutig der Fall ist (im englischsprachigen Raum ist man da viel offener, wie ich schnell im Studium bemerkt habe. Nur die Neuheit macht es teils noch schwierig sie einzuordnen, aber Bücher wie „Harry Potter“ oder „Hunger Games“ werden dort zum Beispiel viel weniger als „nur ein Jugendbuch“ abgestempelt. Keiner meiner Dozenten zweifelte daran, dass diese Bücher einmal genauso auf jeder Leseliste stehen werden, wie ein Shakespeare).
Die hier vorgestellten Definitionen sind nicht falsch und ich möchte die jeweiligen Ansichten davon auch nicht bestreiten (es darf ja jeder seine Meinung haben), aber ich gehe stark davon aus, dass sich diese Definition in den nächsten Jahrzehnten ändern wird und muss, gerade weil in der jetzigen Medienwelt so viel Wandel herrscht. Die wenigsten werden wohl denken, dass jetzige gehypte TikTok-Autoren so tiefgründig schreiben wie zum Beispiel ein Schiller das tat, aber der Einfluss einer Autorin wie zum Beispiel Rebecca Yarros ist trotzdem da. Ein anderer Einfluss als der von jetzigen Autoren, die irgendeinen Literaturpreis gewonnen haben, aber dennoch ein Einfluss, denn es so vor hundert Jahren halt auch noch gar nicht gab. Der Buchmarkt hat nämlich in den letzten Jahren ja meist genau wegen solcher Bücher so geboomt und der Abdruck davon wird wohl bleiben und/oder sich weiterentwickeln. Auch wenn es schräg klingen mag, aber in hundert Jahren sieht man Bücher wie „Fourth Wing“ vielleicht als genauso wichtiges Zeitbild an und mit genug Abstand kann man in jedes Buch viel hineininterpretieren, was zum jeweiligen Zeitbild passt, genauso wie man jeden Klassiker zusammenfassen kann, sodass er klingt, als sei es nur „niedere Literatur“ („Mann verwandelt sich in Käfer“ klingt zum Beispiel genauso schräg wie „Mädchen hat Sex mit Drachenbändiger“). Mit einem Literaturstudium habe ich sowas zur genüge geübt und ich könnte mit nur wenig Mühe aus jedem Buch irgendetwas herausholen und Symboliken deuten.
Eine gewisse Offenheit würde auch einfach guttun. Wie gesagt, hier wird man zum Glück nicht am Lesegeschmack bewertet, aber es gibt genügend, die noch immer denken, nur alles, was in diese enge Definition passt, zählt als „richtige Literatur“.