Letzte Woche war ich krank, das hatte immerhin den kleinen Vorteil, dass ich genug Ruhe hatte, um die ersten 138 Seiten in einem Rutsch zu lesen. Und ich muss sagen: Obwohl mich das Buch nicht sofort gepackt hat, bin ich drangeblieben und bin nun wirklich gespannt, wie es weitergeht.
Die Landschaft hat mich fasziniert – dieses Raue, Offene, Unbarmherzige, das sich über das Meer, das Moor und das ganze Dorf legt. Ich war zwar noch nie in Irland, aber die Landschaft hat es mir angetan und erinnert mich an Schottland oder auch Ostfriesland. Es wirkt wie ein Ort, der vieles verschluckt, Emotionen, Wahrheiten, ganze Schicksale. Dass das Cover diese Stimmung so schön aufgreift, ist mir auch aufgefallen.
Ambrose hat für mich etwas Bodenständiges. Er redet nicht viel, aber er handelt, nicht immer klug, aber oft aus dem Bauch heraus. Er wirkt manchmal fast ein bisschen kindlich in seiner Art, Dinge einfach so hinzunehmen, wie sie sind, besonders, was die “Brudersache” zwischen Declan und Brendan betrifft. Christine hingegen bleibt für mich noch etwas rätselhaft. Einerseits scheint sie das Herz der Familie zu sein, liebevoll, umsichtig und dann ist da dieses Gefühl, dass sie mehr weiss, als sie sagt. Ich denke, dass sie innerlich sehr genau kalkuliert, ihre Entscheidungen, ihre Loyalitäten. Warum sie ihre Schwester und ihren Vater immer wieder unterstützt, obwohl es offensichtlich Kraft kostet und sie finanziell (über-)fordert, das wirft Fragen auf.
Brendan – ein Geschenk aus dem Meer? Die Szene mit dem blauen Fass irritiert mich. Es wird immer mal wieder aufgenommen, etwa bei den Fischfabriken, dass ich glaube, das ist mehr als nur ein Detail. Ich vermute, dass Brendan nicht einfach „aus dem Meer kam“, sondern Teil eines verdrängten oder verschwiegenen Familiengeheimnisses ist. Vielleicht sind Ambrose oder Phyllis involviert? Es bleibt spannend…
Mir gefällt der Stil von Garrett Carr sehr, gerade wenn er leise ist und die Spannung oft eher im Verborgenen liegt. Ich mag diese unterschwellige Dramatik, die sich nicht in spektakulären Wendungen zeigt, sondern in kleinen Beobachtungen, Andeutungen, Zwischentönen. Der Erzählton hat etwas Besonderes, fast so, als würde man mit am Küchentisch sitzen und den Geschichten der Dorfbewohner lauschen. Diese kollektive Stimme - "wir denken“, "wir sagen“ – berührt mich und macht das Ganze irgendwie sehr authentisch.
Mein Fazit bis hierher: Ein ruhiges Buch, das sich Zeit nimmt, aber genau das passt irgendwie auch zur Landschaft und zu den Menschen, die darin leben. Ich bin neugierig, wohin sich die Geschichte entwickelt, und freue mich aufs Weiterlesen.