Dieser Abschnitt hat es in sich. Die beiden Frauen - die Frau und das Mädchen - kommen sich näher. Zu nah, wieder weiter entfernt und dann wieder näher. Wie machen sie es, dass sie wieder aufeinander zugehen können? Sie lassen sich in Ruhe, denken über sich selbst nach, erinnern sich an vergangene Erfahrungen. Die Szenen mit dem überfahrenen Reh, Sally, die im Birnengarten vom Nachbarn überrascht wird, sind heftig. Die Erinnerung von Liss, wie sie beim Schlachten helfen musste. Von ihrer unglücklichen Liebe zu Sonny, ihrer Verletzung. Sie scheint sehr sensibel zu sein und hat es offenbar geschafft, mit einer gewissen Gelassenheit ihren Weg zu gehen - allerdings allein und vielleicht auch einsam.
Sally, das Mädchen ist ebenfalls sehr sensibel. In gewissen Dingen ähneln sie sich und Liss erkennt das.
Am Ende, als die Eltern auftauchen kommt vieles herauf.
Mir fällt in all dem besonders auf, dass Liss sich nicht an Sally wendet, indem sie “du tust, du bist …” sagt sondern in der Regel sogenannte Ich-Botschaften ausspricht. Sally konfrontiert Liss mit “weshalb machst du, weshalb schaust du, du bist”, worauf Liss gelassen reagiert, resp. gar nicht reagiert und wir als Leser:innen Erinnerungen lesen dürfen. Das ist aus meiner Sicht ausgezeichnet gemacht, da es aus meiner Sicht den Roman spannend macht, uns die Einblicke gibt, die wir uns wünschen und so einen schlüssigen Faden spinnt.
Mir gefällt die Szene im Birnengarten, in der Liss erzählt, wie bei ihrem Vater immer alles perfekt genau in rechteckigen Schnurgerüsten sein musste und Sally ihr die Augen öffnet: Dadurch, dass du den Garten nie betrittst, dass du alles einfach hast wachsen lassen, alles in Ruhe gelassen hast, ist das ein Zaubergarten geworden!" … “Du musst ihn die zurückholen!” füge sie noch an, weil Liss keine Regung zeigte. “Jetzt gehört er dir!”.
…. Liss’ Gesichtszüge entspannten sich, und Sally konnte sehen, dass in ihren Mundwinkeln ein Lächeln zeigte. “So habe ich … ich das noch nie so gesehen”, sagte sie nachdenklich. …ohne ihren Blick zu suchen, ein “Danke” .
Mit dem Auftauchen der Eltern von Liss und der Polizei wird wieder etwas Neues kommen. Da bin ich schon sehr gespannt, auch auf den Ausgang des Romans.