(Inhalt vgl. Cover)
Bereits der Prolog hat mir sehr gut gefallen. Er hat mich auf die Erzählweise des Autors vorbereitet: geschrieben aus der Sicht des Todes, in bildlicher und philosophischer, oft auch witziger Sprache. Die Geschichte hat mich der Sprache wegen bereits ab der ersten Seite gepackt. An dieser Stelle ein grosses Kompliment an die Übersetzerin Alexandra Ernst! Einen Punkt Abzug gibt es weil ich die Flüche und Schimpfwörter von Rosa (Pflegemutter der Bücherdiebin) in keiner Art und Weise mochte, ja mich im Lesefluss sogar gestört fühlte. Rosa konnte keinen Satz sagen, ohne dass sie ihren Mann Hans, ihre Pflegetochter Liesel oder eine dritte Person mit Schimpfwörtern angesprochen oder betitelt hat (meistens mit Saukerl, Saumensch, A…).
Ich mochte die bildlich hervorgehobenen Überblicke am Anfang eines Kapitels. Ebenso Zusammenfassungen oder Erklärungen. Ab und zu fühlte ich mich wie im Theater.
Die Geschichte ist nicht immer ganz einfach - sie hat mich bewegt und sehr oft nachdenklich und traurig, hilflos gemacht. Die Angst, die Langeweile, die Vorsicht und das Misstrauen einander gegenüber sind spürbar. Und doch ist “die Bücherdiebin” für mich eine wunderschöne Geschichte über das, wozu Menschen in dunkelsten Zeiten fähig sein können. Es geht um die Macht von Buchstaben, von Wörtern, von Sätzen und Büchern. Ein paar Beispiele:
- “Der Tag war grau. Die Farbe Europas.”
- “Es war der zweite Schneemann, der vor ihren Augen dahinschmolz, aber dieser war anders. Er war ein Paradox. Je kälter er wurde, desto mehr schmolz er.”
- “Sie schenkte Max das Buch, als ob allein die Worte ihn ernähren könnten.”
- “Ich (Anmerkung: der Tod) sammelte wie so oft Seelen ein.”
- “Ihre Herzschläge kämpften gegen sich selbst, ein Durcheinander aus Rhythmen. Liesel versuchte, ihr Herz herunterzuschlucken. Es schmeckte nicht fröhlich.”
- “Er hatte die Welt da draussen seit zweiundzwanzig Monaten nicht mehr gesehen.” und “Von einem Fenster in der Himmelstrasse aus, schrieb er, setzten die Sterne meine Augen in Brand.” (Anmerkung: als er nach 22 Monaten wieder einmal aus dem Fenster hinaus schauen konnte)
- “Papa hatte silberne Augen, keine toten. Papa war ein Akkordeon. Aber seine Blasebälge waren leer. Nichts ging hinein und nichts kam heraus.”
Ich mochte die Frau des Bürgermeisters, die Liesel wissentlich Bücher stehlen liess.