Der dritte Abschnitt hat mir nun am besten von allen gefallen - …einfach auch deshalb, weil hier Mallory ein eigenes ‘Gesicht’ und eine eigene ‘Geschichte’ bekommt, ihr Erleben und Fühlen reflektiert und erinnert. Es ist so tragisch, wie sie feststellt “Sie hatten geglaubt, sie könnten einen Schritt aufeinander zugehen, aber sie hatten sich nicht getroffen”. - Auch das Backen mit Bonnie ist berührend geschrieben, wie Nathan mit ihr über den Tod spricht - wobei ich hier immer mehr das Gefühl habe, dass er sich mit seinem baldigen Tod in etwas hineinsteigert. Extrem, wie er Goodrich als ‘Lebensversicherung’ kidnappt und nötigt, mit ihm zu Mallory zu fliegen, um Bonnie abzuholen. - Nathan lehnt sich immer mehr aus dem Fenster, was das rechtlich Erlaubte anbelangt…
Und dann das Gespräch mit seinem Schwiegervater - das war einfach ‘Wow!!!’ - Nathan hatte ein komplett falsches Bild von ihm - sowohl im Guten wie im Schlechten - und das Gespräch eröffnet ihm auch einen neuen Blick auf seine Frau.
Verrückt eigentlich, dass Nathan erst in diese ‘Todes-Klemme’ geraten muss(te), damit er über sich hinaus wachsen kann.
Und Mallory sehnt sich im Grunde genommen auch zurück in die Beziehung und Vertrautheit mit Nathan - habe ich jedenfalls das Gefühl - Sie trägt den Ehering noch immer - so wie er auch - und sie benutzt Vince nur - vielleicht auch, um (unbewusst?) Nathan zu provozieren, weil sie ganz genau weiss, dass er den Typen nicht ausstehen mag…
Nun nimmt mich wunder, wie die Geschichte ausgeht - Mallory und Nathan haben eine eigene Geschichte, aber auch eine gemeinsame - und trotz Scheidung, sind sie immer noch in demselben Kapitel unterwegs. Jeder erkennt vom Andern den Knackpunkt, wann und warum womöglich das Auseinanderdriften begann, was der Tod von Sean mit dem jeweils Andern machte… Auch das ist tragisch, dass dieser Tod sie dividierte - aber leider kommt das öfters vor. Vor viiielen Jahre las ich einmal ein Buch darüber, wie Väter und wie Mütter trauern, anhand von konkreten Kindstod-Beispielen - da hat jedeR seine eigene manchmal auch gegensätzliche Art… so kann es leider tatsächlich zum Bruch kommen - weil man zwar im Schmerz eins ist, aber nicht in ihrem Ausdruck.
Die Geschichte ist wirklich enorm vielschichtig und regt zum Nachdenken an. Etwas speziell die Feststellung Nathans, dass es für Goodrich schwer sein muss, von Todgeweihten umgeben zu sein… Im Grunde sind wir das ja alle - auch wenn man sich bis 50 kaum damit auseinander setzt - und auch danach noch das Gefühl hat, irgendwie schafft man’s ewig… bis man mit 80, 90 ganz klar erkennen muss, dass die Hälfte längst überschritten ist. Aber es ist mir natürlich klar, dass es mit Goodrich und dem hellen Schein noch eine andere Dimension hat - weil er den konkreten (Jetzt)Zeitpunkt sieht, ohne etwas dagegen tun zu können. - Dabei muss ich an das Märchen ‘Gevatter Tod’ denken und an ein orientalisches Märchen, wo einer auf dem Pferd vor dem Tod flieht … - … und genau damit in seine Arme läuft.
Ja, das Leben ist zu kostbar, als dass man es verpassen soll, mit Nebensächlichkeiten, Unwichtigkeiten, Animositäten - oer was auch immer.