Nachdem offensichtlich der Leseplan - ich habe nochmals nachgeschaut - um eine Wocher vorverschoben ist, habe ich mich nun intensiv mit Florence Butterfield beschäftigt. Ich hatte ja bereits direkt nach Erhalt des Buches schon angelesen, weil ich so neugierig war. Susan Fletscher als britische Autorin kannte ich noch ger nicht. Es gibt auch eine US-amerikanische Autorin deselben Namens.
Nach den Seiten, die ich bisher gelesen habe - 90 - musste ich unbedingt herausfinden, wann die Autorin geboren ist. Warum? Sie schreibt aus Lebenserfahrung und -anschauung wie sie es selbst gar noch nicht erlebt haben kann: die Frau ist 1979 geboren. Und ihre Protagonistin, Florence Butterfield, ist 87 Jahre alt!! Für mich ist das schier unfassbar. Ich stehe am Beginn meines 7. Lebensjahrzehnts und mich packte das Buch sofort so sehr, weil ich ähnliche Gedanken wie Florrie hege. Es ist sehr richtig, dass auch ich mein Alter geistig nicht spüre - aber nach aussen bin ich eine Frau mit schlohweissem Haar. Und Frauen mit grauen oder weissen Haaren werden gar nicht mehr als Frauen wahrgenommen - oder zumindest anders. Als ob unsere Umgebung vergessen hat, dass wir auch einmal jung gewesen sind. So, wie es auf Seite 47 beschrieben ist, als Florrie darüber staunt, dass ihr die viel jüngere Heimleiterin Renata eine echte Frage stellt. Im Vergleich dazu ist die liebenswürdig-freundlich-nachsichtige Herablassung des Arztes Dr. Mallory sehr spürbar, als er Florrie untersucht nach der furchtbaren Nacht, als Renata aus dem Fenster stürzte.
Susan Fletcher beherrscht die Kunst des inneren Monologs meisterhaft und es trifft zu, das Buch ist für mich wie eine Umarmung. Kurz gesagt, mir gefällt Florrie in ihrer tiefen Menschlichkeit, die auch eigene kleine Schwächen mit einem gewissen Schalk betrachtet, sehr gut! Und nach den wenigen Buchseiten meine ich, sie schon wie eine alte Freundin zu kennen.
Der Sturz Renatas aus dem Fenster ihrer Wohnung im dritten Stock geschieht quasi aus dem Nichts, auch wenn ich mich natürlich sofort gefragt hatte, was da los sei, als Florrie hört wie Renata auf der Bank unter ihrem Fenster weint.
Die Autorin versteht es, die Ereignisse so einzubetten, dass sie fast “harmlos” erscheinen mögen - so wie eine Art britischen Understatements. Es sieht harmlos aus - aber es hat es in sich! Da stehen sofort Fragen im Raum.
Für mich ist auch das Bild des Komposthaufens, an dem Florrie Stille sucht, um ihre Gedanken zu klären, so very british. Und jeder, der um Vorgänge im Garten weiss, mag sich beuwsst sein, dass ausgerechnet Kompost ein Hotspot von Leben in einem Garten ist. Und genau dort begegnet Florrie einem anderen Bewohner der Seniorenresidenz, Stanhope Jones. Da liegt es auf der Hand, dass Stanhope eine gewichtige Rolle im weiteren Verlauf des Romans spielen wird. Vor allem, als offenbar wird, dass Florrie und Stanhope den gleichen Verdacht haben: Renanta wollte nicht Selbstmord begehen.
Mir gefällt es ungemein, wie subtil Susan Fletscher uns in den Bann der Geschichte zieht. Wie fein ihre Beobachtungen sind, wenn sie beispielsweise Stanhopes “lang gezogenen, frommen Gesicht… das so unkompliziert aussieht und an ein in der Mitte aufgeschlagens Buch erinnert…” zeichnet.
Das beschreibt Stanhope passender als andere Erläuterungen und ich sehe sein gesicht vor mir.
Beeindruckend finde ich auch Betrachtungen wie “ Wir lassen die Kinder, die wir waren, nicht hinter uns. Wir wachsen einfach um sie herum, so wie Blumen um ein Fahrrad wachsen, das am Stamm angelehnt stehen bleibt…”
Ziemlich sicher ist die Autorin sehr naturverbunden und schaut genau hin. Ich bin sehr, sehr gespannt darauf, wie Ihr anderen in der Leserunde das Buch auffassen werdet, die Ihr wahrscheinlich um einiges jünger als ich seid. Auf den Austausch freue ich mich sehr!! Ich habe ja nun nach Isys Aufforderung unsere Runde eröffnet.