Ich weiss, ich habe mich bei dieser Leserunde im Genre vergriffen und möchte hier nicht zu viel lästern, oder gar den Moralapostel herauskehren, aber ich möchte auf der anderen Seite auch das Versprechen, das ich dem Verlag geben habe, halten. Hier hat eine Autorin einen Auftrag zu erfüllen, und sie mach ihre Arbeit versiert, handwerklich solide und pflichtbewusst. Beim Lesen fällt mir dazu die Parodie eines Sextelefons ein: wo der weibliche Part auf der einen Seit lustvoll in den Hörer stöhnt, den anderen Teilnehmer mit heissem Geflüster aufgeilt und dabei die Pausenstullen ihrer Kinder streicht.
Cecilia sucht die «Wahre Liebe» und das ist, so scheint mir, der einzige Ort, wo sie rational agiert; sie schein die Liebe als eine Art Projekt zu sehen, bei dem sie immer wieder kontrolliert, wie weit das Projekt gediehen ist. Kritisch untersucht sie: bin ich jetzt schon ein bisschen verliebt oder ist es nur ein Gefühl? Wieviel Gefühl kann ich zulassen ohne mich zu verlieben? Man vögelt sich quer durch die Gegend und wo es passt, schlägt man dann zu? Wie passt denn da «Me Too» dazu? - Welch Unsinn! Oder sind die Frauen wirklich so berechnend, wenn es um eine Beziehung geht?
Ich habe nach dem ersten Teil gesagt, dass ich, wenn ich von diesem Roman noch überrascht würde, das nur positiv sein könne – und tatsächlich; das Auftreten Cecilias ihrem Vater gegenüber, ihre Parteinahme für die Mitarbeiter, hat mich doch tatsächlich positiv überrascht, das habe ich von dieser triebgesteuerten Tussi dann doch nicht erwartet. Aber überzeugend ist diese Charaktere nicht, mir kommt sie fast schon schizophren vor: auf der einen Seite der triebgesteuerte, ichfixierte Genussmensch, auf der anderen Seite der emphatische, sozialempfindende Mitmensch. Da habe ich mich aber auch gefragt: kann man überhaupt so triebgesteuert sein, gibt’s das: ein Blick, eine Geste und alles Menschliche schmilzt weg? Übrigens, hat jemand von euch herausgefunden, wie diese Cecilia aussieht? Was sie trägt, beziehungsweise nicht, welchen Lippenstift sie im Moment benutzt, bekommt man ausführlich mit?
Die «Turnübung» auf dem Floss hat mich schlicht überfordert. Obwohl die Autorin ausführlich und detailgenau die Szene schildert, vermag ich mir diese «Laokoongruppe» nicht vorzustellen. Wenn ich mir nur versuche plastisch vorzustellen, schmerzen meine Knochen. Kopfkino mit Muskelkater sozusagen! Nun gut, vielleicht liegt es auch daran, dass ich dann mit der Zeit die Diagonale genommen habe. Aber dann habe ich mich auch gefragt: sehen Frauenträume wirklich so aus? Oder sind es nicht eher, wie bei der «Justine» oder der «Mutzenbacher» Männerträume wie Frauen träumen?
Mir scheint, dass sich die Autorin ihrer Arbeit selber nicht sicher ist, darum dazwischen die pseudointellektuellen Zwischenschübe, das emphatisch menschliche Verhalten, die der ganzen. Vielleicht ist das aber auch nur das erzählerische Mäntelchen, um die eigentlichen Szenen in einen quasiliterarischen Rahmen zu stecken. In der ganzen Diskussion um «Dark Romance», «Yong Adult» oder «New Adult» erspar ich mir, für mich ist die dieses Buch: «dark» ja, «Romance» nein!