Bin immer noch nicht sicher, was ich von dem Buch halten soll.
Für mich passt die Verpackung (Titel und Cover) nicht zum Inhalt. Das Bild transportiert in erster Linie das Gefühl eines Wohlfühlromans aber eigentlich ist es ja eher ein Entwicklungsroman. Auch den Titel „eine ganze Liebe lang“ kann ich nicht entschlüsseln. Was möchte man damit aussagen? Das Buch handelt nicht nur von der Liebe zwischen Anna und Nick, sondern von vielem mehr. Es handelt von Schuldgefühlen, Vater-Sohn Beziehung, Verlust und unterschiedlichen Lebensansichten und den Mut aus rigiden Normen auszubrechen.
Inhaltlich gefiel mir der Roman. Die Autorin konnte gut die Stimmung der ersten Jugendliebe transportieren, ich wurde zurückversetzt in meine Jugend. Die Zeitsprünge in der ersten Hälfte waren teilweise herausfordernd zu lesen, ich musste einige Male zurückblättern, manchmal kam es mir vor wie ein Kinofilm, mit kurzen, raschen Schnitten. Habe mich aber daran gewöhnt und es schien mir, gegen Ende des Buches, waren es auch nicht mehr so viele.
Zu Beginn sehnte ich mich nach einem Perspektiven-Wechsel, also dass die Autorin aus der Sicht von Anna erzählte, um einen tieferen Einblick in die Sekte zu erhalten. Wahrscheinlich weil ich die Autoren-Beschreibung im Vorfeld las und daraus schloss, das Hauptthema wären die Zeugen Jehovas. Irgendwann, nach dem ersten Drittel, war es für mich in Ordnung, dass die Sektenzugehörigkeit nur leicht angestossen wurde.
Spannend dass die Autorin aus der Sicht eines Mannes in der Ich-Perspektive schrieb. Vor allem da Nicks Gedankenwelt doch sehr tiefgründig im Buch geschildert wurde. Mich interessiert sehr wie ein Mann dieses Buch beurteilt, ich nehme mal, an wir sind nur Frauen in dieser Leserunde?
Die Vaterfigur wurde zu negativ dargestellt, für mich leicht überzeichnet. Erst gegen Ende des Buches wurde er in einer Szene als liebevoller Vater gezeigt. Die Mutter hingegen schien ein purer Engel zu Lebzeiten zu sein – fand ich enorm plakativ und hat mich teilweise genervt. Aber vielleicht wollte die Autorin damit zeigen, dass Nick sie als liebende Mutter abgespeichert hat, wie es Kinder vermutlich machen, wenn sie ihre Mutter so jung verlieren.
Aus meiner Sicht ein Buch über das Brechen von Normen, um den eigenen authentischen Weg zu finden und zu gehen. Die Liebe spielt in dieser Geschichte auch eine Rolle aber für mich nur eine zweitrangige.
Ich hätte das Buch nie gekauft, bin nun sehr froh, dass ich es im Rahmen der Leserunde lesen durfte. Den Austausch mit euch fand ich sehr bereichernd. Vielen Dank.