Soeben habe ich ‘Der letzte Mensch’ zugeklappt… erschüttert, aufgewühlt, still und nachdenklich hat er mich zurück gelassen. - Ein wirklich GROSSES Werk - und wie ich beim Nachrechnen mit Bewunderung feststellte, war Shelley bei der Abfassung gerade mal 29 Jahre alt!
Nun also zu Band III: Wie gesagt, beginnt es mit den letzten Überlebenden der Seuche, die in 3 Abteilungen England verlassen werden, um sich in Paris zu treffen. Die Abreise der dritten Gruppe um Adrian (Protektor) und Lionel verzögert sich aufgrund verschiedenster Schicksalsschläge. Letztendlich brechen sie statt am 25.11. erst am ersten Januar auf - als sie endlich Dover erreichen bricht ein Unwetter apokalyptischen Ausmasses los (inkl. ‘Himmelserscheinungen’), so dass nicht klar ist, ob die Welt untergeht… und sie überhaupt je weiterreisen können! Nach einigen Tagen klart das Wetter auf - man sieht drei Seemänner in einem kleinen Boot auf die Küste zusteuern. Es stellt sich heraus, dass es Abgesandte der Vorhut sind. Diese sind mittlerweilen in Paris angekommen, doch ohne Führer brachen Zwistigkeiten bis hin zu Anarchie aus. Man sandte nach dem Protektor, setzte mit dem 1.2. eine Frist zur Schlichtung. Mit einem Ruderboot geht’s nach Calais und weiter nach Paris - entsprechend der Verhältnisse mit vielen Unbilden… - in letzter Minute trifft man ein, findet die verfeindeten Gruppen und versöhnt sie. Allerdings gibt es eine dritte Gruppe, die ‘Auserwählten’, die sich um einen Propheten versammelt hatten, der das Endgericht Gottes predigt und allen, die ihm folgen, Bewahrung verspricht. - Meisterhaft wie Shelley hier den Nährboden des Unheils für sektiererisches Gehabe beschreibt. - Sie nennt den Propheten ‘Seelenverschlinger’. Letztendlich reisen die wieder vereinten beiden Gruppen nach Versailles, um das weitere Vorgehen zu planen. Man entschliesst sich, in die ‘liebliche’ Schweiz zu reisen.
Wieder werden verschiedene Abteilungen aufgestellt und Gruppenweise durchs ausgestorbene Land gereist, letztendlich fehlt die Gruppe Adrians, was zu neuen Reibereien führt. Lionel reist nach Versailles zurück, muss erfahren, dass die Pest erneut ausgebrochen ist, dem Propheten Auftrieb gab - und er platzt in ein Mordkomplott hinein. Alles geht letztendlich glimpflich - wenn auch nicht ‘ohne Action’ - aus - man reist zu ~ 1500 Personen Richtung Genf. Kranke und Sterbende werden nicht einfach unterwegs zurück gelassen, sondern gepflegt und begraben, so dass es nur langsam vorwärts geht. Derweil wird mit unglaublichem psychologischem Spürsinn die ganze Belastung der Anspannung und des Ungewissen gezeichnet: wie man plötzlich übernatürliche Dinge sieht und zum Greifen nah erlebt - obwohl sich alles natürlich erklären liesse/lässt…
Letztendlich sind es 50, die es vor Genf und über den Jura schaffen - es geht weiter bis Chamonix - wo man mit dem letzten Toten auch die Pest begräbt - zurück bleiben deren vier: Adrian, Lionel, Clara, Evelyn. - Man beschliesst, nach Como zu gehen, wo man sich erholt und wohlig einrichtet, bis neues Unheil herein bricht… Da bleiben noch drei übrig… Die Überlebenden beschliessen, weiter nach Rom zu reisen - in Venedig ändert sich der Plan - man will bis Griechenland segeln (trotz der Bedenken/Einwände Lionels)… ein Unheil voller Entschluss…
Letztendlich sind es Naturgewalten, die den Rest geben und das Schicksal der drei bestimmen - soviel sei gespoilert: übrig bleibt nurmehr Lionel…
Es ist beklemmend, wie Shelley die Verzweiflung des letzten Menschen beschreibt, aber auch seine Hoffnung. Letztendlich geht er doch nach Rom - pinselt unterwegs an die Wände, dass er nach Rom wandert und auf einen Überlebenden (Freund) wartet. Unverbrüchlich die Hoffnung, NICHT der letzte Mensch seiner Rasse zu sein… Ein Jahr bleibt Lionel in Rom, inspiziert die verwaiste Stadt, entschliesst, das vorliegende Buch zu schreiben - zum Jahreswechsel 2100, dessen Jahreszahl er in die Kuppel des Petersdomes graviert, beschliesst er, der Küste entlang weiter zu segeln - in der Hoffnung, doch noch irgendwo einen seiner Rasse zu finden…
Sieben Jahre dauerte die Seuche - Sommer für Sommer flammte sie auf - und erlosch während des Winters.
Die Geschichte endet offen… Ob er irgendwann und irgendwo irgend jemanden gefunden haben mag??? Hat es wirklich ALLE ‘erwischt’? - Trotz der Hoffnung, die das Aussegeln Lionels begleitet, ist der Schluss im Grunde genommen ohne Hoffnung - ausser, man hegt sie selbst…