Der frühzeitig gealterte Gutsbesitzer Posdnyschew sitzt mit anderen Reisen im Zug und erzählt seine Geschichte. Er hat seine Frau getötet, wurde aber freigesprochen, weil er aus rasender Eifersucht gehandelt hat. Was die Leserin befremdet, war zu der Zeit offensichtlich gang und gäbe, man legte seine Frau um und sagte vor dem Richter, ich war nicht ganz bei mir selbst. Das eigentlich Fürchterliche ist: die gute Frau war zeitlebens treu wie Gold, hat einfach hie und da mit einem befreundeten Musiker musiziert, aber ist nie fremdgegangen und hat ihren Mann geliebt. Die ganze Eifersuchtsszenerie fand im verstörten Kopf des Gutsbesitzers statt, hat sich dermassen hochgeschaukelt, dass es offensichtlich für den guten Possdnyschew keinen anderen Ausweg mehr gab, als seine Frau zu töten. Tolstoi beschreibt eine bedrohliche Gesellschaft im zaristischen Russland, wo es wenige Wohlhabende gab und fast nur Leute, die in tiefer Armut feststeckten. Dazwischen gab es fast nichts. Das Buch hat mich zutiefst bestürzt, der Gutsbesitzer in seinem hassenswürdigen Zynismus und seiner Borniertheit, die zum Tod eines unschuldigen Menschen führt. Eine kurze, erschütternde Geschichte, die man nicht so schnell vergisst.