Schon ihr «Rosa Buch» hat mich seinerzeit begeistert. Nun legt Anna Rosenwasser, in der Zwischenzeit in den Nationalrat gewählt, nach: «Herz – Feministische Strategien und queere Hoffnung» heisst ihr zweites Sachbuch.
Sie schreibt vom Frau-Sein, Queer-Sein, Aktivist*in-Sein, aber in erster Linie vom Mensch-Sein. Sie schreibt von Gewalterfahrungen, den vielen Graubereichen, von Angst, Wut, Trotz, Mut und Hoffnung(slosigkeit). Sie hinterfragt kritisch unser Bemühen, alles positiv zu sehen (und was das im Umkehrschluss beleuchtet), warum «tolerant» und «selbstverständlich» im (politischen) Kontext wenig hilfreich sein können, warum wir uns so schwer damit tun, Raum einzunehmen, warum es trotzdem so wichtig wäre und wie uns das gelingen kann. Sie benennt rechte Argumentationsmechanismen (bspw. «Bald darf man gar nichts mehr sagen.») und hilft uns, die dahinterliegenden Gefühle zu sehen und uns davon nicht, wie beabsichtigt, den Mund verbieten zu lassen. Manche Themen und Gedanken erinnern mich dabei an das «Rosa Buch». Doch davon erneut zu lesen ist genauso bereichernd wie beim ersten Mal. Die Kapitel sind diesmal in der Regel deutlich länger, werden von Briefen, Nachrichten, Songzitaten aufgelockert. Manche Sätze heben sich rosa von der übrigen blauen Schrift ab. Wenn es Statistiken zum jeweiligen Thema gibt, verweist sie im Anhang auf die entsprechenden Quellen. Überhaupt der Anhang: Dort finden sich nicht nur weitere lesenswerte Bücher, Artikel, Online-Quellen etc., sondern auch nochmal persönliche Notizen dazu.
Humorvoll, zugänglich, vehement und auch mal wütend tritt Anna Rosenwasser in «Herz» einmal mehr dafür ein, dass wir alle Mensch sein dürfen: unabhängig von unserem Geschlecht, unserer Sexualität, unserem Aussehen, unserem kulturellen/religiösen/… Hintergrund etc.
«Herz» reiht sich für mich damit in die Liste der wichtigsten Bücher ein, die ich gelesen habe, und es wird sicher nicht bei der einmaligen Lektüre bleiben, weil ich so viel daraus lerne und mir das beim einmaligen Lesen gar nicht alles merken (und/oder hier wiedergeben) kann. Danke, Anna Rosenwasser, für deinen Mut, deine Offenheit, deine Verletzlichkeit, für “Herz”!