Nach einem unkonventionellen und amüsanten Start braucht dieser Krimi fast ein Drittel, bis die Handlung so richtig Fahrt aufnimmt. Das fand ich etwas unglücklich muss ich sagen und war selbst schon fast davor, das Buch wegzulegen. Dass ich es dennoch zu Ende gelesen habe, lag einerseits daran, dass es nun endlich losging, aber noch viel mehr daran, dass ich schon Zeit in die Lektüre gesteckt hatte. Aber von vorn:
Unser gänzlich fiktiver Ich-Erzähler, Ernest Cunningham, ist Autor. Sein Debüt feierte er mit einer Mischung aus Sachbuch und Krimi, erschienen unter dem Titel «Die mörderischen Cunninghams». Der Erfolg führte zu einem Vorschuss, nun muss er ein zweites Buch schreiben, doch ihm fehlt es an Ideen, genauer gesagt an Leichen. Die Einladung auf ein Literaturfestival, das auf einer legendären Zugstrecke quer durch Australien stattfindet, bietet nicht nur Aufschub, sondern hoffentlich auch inspirierende Gespräche mit erfolgreichen Krimi-Autor*innen. Doch wir können uns alle schon denken, wie das weitergeht, oder?
Die Vorhersehbarkeit macht den Charme des Buches zu Anfang mit aus. Ebenso Cunninghams Ausführungen über das 1×1 des Krimischreibens, gepaart mit seinem Humor. Leider lässt er uns an seiner Schreibblockade teilhaben und enthält uns weder Selbstzweifel noch Gefasel vor, mit dem er einfach Seiten füllen will (was er ungeniert zugibt). Er spielt dabei auch mit uns, macht Andeutungen, nimmt manches vorweg und gibt uns diverse Rätsel zu knacken (der Name des Täters/der Täterin wird am Ende 106 Mal genannt werden – eines seiner Rätsel; den Zwischenstand teilt er uns immer wieder mit). Das wiederum gefiel mir und trägt zum Cozy-Krimi-Gefühl bei.
Passend zum Cozy-Krimi finden wir uns in der Handlung, am Schauplatz und bei den Figuren schnell zurecht. Die Handlung verläuft dabei chronologisch und ist rückblickend erzählt, die anderen Figuren sind alle leicht verschroben und somit gut auseinanderzuhalten und der Schauplatz beschränkt sich auf den Zug und die Landschaft, durch die er fährt. So können wir uns auf’s Rätseln konzentrieren.
Die übrigen ⅔ habe ich gern gelesen. Stevenson hat mich unterhalten, ich durfte, wie erwähnt, fleissig miträtseln, mich unserem Ich-Erzähler etwas überlegen fühlen und weiss nun bestens Bescheid, welche Bausteine in einen Krimi gehören ;-)
Fazit: Ein solider Krimi-Roman für alle, denen Krimis normalerweise zu spannend sind und die sich am Anfang auch etwas durchbeissen mögen.
Aus dem Englischen übersetzt von Marc Alaoui.