André David Winter erzählt in “Die Kunst, eine schwarze Katze” davon, wie eine junge, künstlerisch begabte Frau lernen muss, zu sich selbst zu stehen. Die Lesenden werden durch Orts- und Zeitsprünge aus unterschiedlichen Winkeln an die Hauptfigur Anina herangeführt und erhaschen flüchtige Einblicke in ihre verschiedenen Lebensphasen. Es ist der Einfühlung der Lesenden überlassen, vieles, was angedeutet wird, zusammenzufügen. A. D. Winter skizziert uns Aninas Leben als junge Mutter, lässt uns szenenhaft in ihre turbulente und lebendige Kindheit als Tochter eines Walliser Dorfpolizisten sehen und zeichnet uns Anina als Kunststudentin in Paris, wo wir sie ein zweites Mal auch als Freundin kennenlernen; wir erhaschen Blicke in ihre Rolle als Partnerin und in ihr Auftreten als Fremde in kurzen Begegnungen auf der Suche nach sich selbst: es sind viele erzählerische Miniaturen, die uns Anina näher beobachten und sehen lassen. Der verdrängte Konflikt, der Aninas hadern mit der Gegenwart alimentiert und ihre Beziehungen gefährdet, ist dabei die Konstante. An dessen Anfang steht ein Betrug. Der Betrug an der Kunst und der Betrug an sich selbst. Letzteren erkennt Anina, jedoch kann sie sich ohne die Hilfe einer alten Freundin und weiterer, zufälliger Begegnungen und Ereignissen nicht aus ihrer Qual lösen. Die Reise zu sich selbst ist für die Zeichnerin Anina eine Lektion darin, sehen zu lernen, bevor sie mit ihrer Gabe erneut zeichnerisch erschaffen kann, was andere nicht sehen.
Die Erzählung präsentiert in kunstvollen Zeitsprüngen und mit vielen, sprachlich schön gezeichneten Miniaturen und Andeutungen den Turbulenten Weg einer Frau, die den Mut finden muss, sich aus dem Urteil anderer zu lösen, ihre Ängste zu überwinden und zu sich selbst zu stehen.