Frühstück bei Tiffany’s von Truman Capote hat bei mir gemischte Gefühle hinterlassen. Aufgrund des “Kult”-Status von Frühstück bei Tiffany’s hatte ich relativ hohe Erwartungen an die Geschichte, doch sie hat mich nicht so richtig packen können.
Was zweifellos heraussticht, ist der Schreibstil von Truman Capote. Das Buch ist nicht in Kapitel gegliedert sondern ein einziger, langer Fliesstext, was ungewohnt ist. Trotzdem ist die Geschichte durch seinen Schreibstil leicht und flüssig zu lesen. Capote hat die Gabe, durch seine Beschreibungen die Atmosphäre des Geschehens zu transportieren, was das Lesen interessant macht. Auch die Hauptfigur Holly Golightly ist faszinierend. Für die Zeit, in welcher die Geschichte spielt, zeigt sie einen erstaunlich starken Willen und Wunsch, ihren eigenen Weg zu gehen. Obwohl sie kein Paradebeispiel für Emanzipation ist, tritt sie doch aus den damaligen gesellschaftlichen Normen heraus und lebt nach ihren eigenen Vorstellungen. Diese Eigenständigkeit hat mir gut gefallen. Bereits relativ früh im Buch wird deutlich, dass Holly eine geheimnisvolle Vergangenheit hat und viele Geheimnisse mit sich herumträgt. Neben dieser interessanten Hauptperson der Geschichte, blieb die Rolle des namenlosen Erzählers für mich bis zuletzt ungreifbar. Seine Gefühle für Holly wirken tiefer als nur Freundschaft zu gehen, doch die Art, wie er sich an sie klammert, wirkte auf mich ungesund und stellenweise besitzergreifend. Für mich blieb bis zuletzt unklar, warum Holly diese Freundschaft pflegt oder was der Erzähler von ihr will.
In der zweiten Hälfte des Buches erfährt man mehr über Hollys Hintergrund, was einige interessante Einsichten in ihren Charakter bringt. Es wird deutlich, dass sie ihre Vergangenheit in vielerlei Hinsicht nicht wirklich verarbeitet hat und gewisse Laster mit sich durchs Leben trägt. Im gesamten Buch ist Holly von dem Traum begleitet, aus ihrem Leben auszubrechen und reich zu werden. Ein Frühstück bei Tiffany’s bleibt für Holly während der ganzen Geschichte ein symbolischer Inbegriff von Erfolg und dem Wunsch, aus ihrem aktuellen Leben zu entkommen.
Alles in allem bin ich froh, diesen Klassiker gelesen. Auch wenn “Frühstück bei Tiffany’s” für mich nicht zu einem Lieblingsbuch wird, bleibt es dennoch ein interessantes literarisches Werk, das viel Raum für Diskussionen bietet.